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Düsseldorf Sicherheitsbranche fehlen 13.000 Kräfte

Düsseldorf · Flüchtlingswelle und Terroranschläge bescheren privaten Sicherheitsdiensten einen ungeahnten Boom. Innerhalb eines Jahres hat die Branche allein in NRW 8000 neue Beschäftigte eingestellt.

 Einsatzgebiete privater Sicherheitsleute — 247.000 Beschäftigte zum Stichtag 31.12.2015.

Einsatzgebiete privater Sicherheitsleute — 247.000 Beschäftigte zum Stichtag 31.12.2015.

Foto: C. Schnettler

Spätestens seit dem islamistischen Bombenanschlag auf das Musikfestival "Ansbach Open" ist das Thema erhöhte Sicherheit auf der Agenda deutscher Veranstalter noch weiter nach oben gerutscht - doch nicht nur dort. Auch Organisatoren kleinerer Feste denken heute häufiger über den Einsatz von Ordnern nach. "Die aktuelle Bedrohungslage führt dazu, dass die Anforderungen beim Schutz von Veranstaltungen stärker diskutiert werden", sagt Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer beim Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW). Das merkt man auch bei der Essener Sicherheitsfirma Kötter: "In Folge der dramatischen Ereignisse der vergangenen Wochen verzeichnen wir punktuell Nachfragen nach zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen - zum Beispiel für Shopping-Center", sagt ein Sprecher.

"Durch die Anschläge von Paris, Brüssel, Nizza und hierzulande in Ansbach und Würzburg sowie durch den Amoklauf von München werden jetzt aber auch Veranstalter sensibel, für die das vor einem halben Jahr noch kein Thema war", sagt Verbandsvertreter Olschok. Viele Organisatoren stockten das Personal massiv auf - etwa bei der Einlasskontrolle. Bei großen Festivals wie in der vergangenen Woche im schleswig-holsteinischen Wacken mussten die Besucher am Einlass ihre Rucksäcke abgeben. "Aber auch die müssen dann bewacht werden", sagt Olschok. "Zudem setzen mehrere Veranstalter Beobachtungsteams ein, die sich bestimmte verdächtige Personengruppen aus der Entfernung anschauen, ohne einen direkten Kontakt zu haben."

Bei technischen Hilfsmitteln werden heute vermehrt Drohnen eingesetzt. Dabei geht es aber vor allem um das frühzeitige Erkennen von Menschenansammlungen. "Wichtiger wird in den kommenden Monaten der Einsatz von Sprengstoffspürhunden und Detektoren wie am Flughafen sein - das gab es schon beim Fußballländerspiel zwischen Deutschland und England in Berlin", sagt der BDSW-Hauptgeschäftsführer. Natürlich bestehe dabei die Gefahr, dass die Stimmung aggressiver werde, wenn die Fans zu lange vorm Stadion warten müssten. "Aber dann ist auch immer der Veranstalter gefordert, der dann entsprechend viele Schleusen mit mehr Sicherheitskräften anbieten muss."

Dass auch kleinere Veranstaltungen inzwischen mit privaten Sicherheitsdiensten zusammenarbeiten sei im Übrigen kein ganz neues Phänomen, hatte ursprünglich aber einen anderen Hintergrund: Das große Umdenken fand nach der Loveparade-Katastrophe vor sechs Jahren statt. "Seitdem werden regelmäßig Sicherheitskonzepte von den Veranstaltern gefordert", so Olschok. Damals habe der Fokus zwar hauptsächlich auf dem Thema Safety gelegen - also dem Verhindern von Massenpaniken -, aber die angeheuerten Dienstleister hätten natürlich auch immer die Sicherheit mit auf dem Schirm, sagt Olschok.

Die stärkere Nachfrage im Zuge der Terrorangst und Flüchtlingsproblematik hat dazu geführt, dass laut BDSW aktuell bundesweit 13.000 Stellen in der Branche unbesetzt sind - und das, obwohl sich die Zahl der Beschäftigten in der Sicherheitsbranche binnen Jahresfrist um gut 35.000 auf rund 245.000 erhöhte. Der plötzlich sprunghaft gestiegene Personalbedarf hat aber unliebsame Nebeneffekte: "Da stolpern auch einige Anbieter in die Branche rein, die gar nicht in der Lage sind, die Aufträge ordentlich zu stemmen", sagt Jan-Ole Dietrich, Geschäftsführer bei der Kölner Firma RAD Sicherheit: "Einige Auftragnehmer unterschätzen, wie herausfordernd etwa die Aufgabe in den Flüchtlings-Unterkünfte ist. Dort leben Menschen, häufig unter sehr schwierigen Umständen, die unzufrieden sind. Da muss man schon entsprechend geschult sein, um das ordentlich zu handhaben."

Tatsächlich kam es in der Vergangenheit wiederholt zu Schwierigkeiten. "Bei einigen Firmen sind Menschen eingestellt worden, die man unter normalen Umständen nicht genommen hätte", sagt BDSW-Hauptgeschäftsführer Olschok. Das sei bedauerlich, denn jeder Fall, in dem ein Rechtsextremer einen solchen Job übernimmt, sei ein Fall zu viel. Er fügt aber an: "Nur 2,8 Prozent der in Nordrhein-Westfalen vom Verfassungsschutz überprüften Sicherheitskräfte wurden gesperrt, zwölf Prozent müssen noch genauer geprüft werden. Aber 85 Prozent der Beschäftigten waren uneingeschränkt. zuverlässig. Das geht leider zu oft unter."

Abgesehen vom Imageschaden durch unseriöse Firmen bescheren die neuen Anbieter den arrivierten Anbietern weitere Schwierigkeiten: "Es drängen derzeit auf Grund der hohen Nachfrage verstärkt Neugründungen auf den Markt, die mit einer aggressiven Preispolitik die etablierten Firmen angreifen", erklärt Olschok. Natürlich gebe es den Mindestlohn von 9,70 Euro. "Aber in unserem Branchentarifvertrag sind auch Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge von fünf, 50 und 100 Prozent vorgesehen. Die werden von den neuen Billig-Anbietern nicht gezahlt." Manche Veranstalter liefen dann aber Gefahr, dass sie mit den Billig-Anbietern eben auch schlecht ausgebildeten und unmotivierte Sicherheitskräfte oder gar Laien bekämen, warnt er. Unternehmen, die sich davor schützen wollten, seien immer gut beraten, wenn sie sich nach den Tarifbedingungen erkundigten und zugleich von einem Anbieter auch Referenzen zeigen ließen.

RAD-Geschäftsführer Dietrich zweifelt daran, dass sich von den Neuen viele lange am Markt behaupten: "Natürlich kommen auch durch die gestiegene Sorge vor der Terrorbedrohung Aufträge zum Schutz von Veranstaltungen hinzu. Allerdings werden viele Anbieter auch wieder vom Markt verschwinden. Denn die Goldgräberstimmung, die zu Beginn des Flüchtlingsstroms herrschte, hält nicht ewig. Die ersten Notunterkünfte werden schon wieder geschlossen." Das betreffe nicht nur Sicherheitsfirmen, sondern auch andere Dienstleister wie Caterer.

Auch Olschok warnt vor zu hohen Erwartungen an das Wachstum der Branche: "Shopping-Center haben nach dem Amoklauf von München sehr viel mehr Personal eingestellt. Auch die Bahn hat schon angekündigt, mehr Sicherheitspersonal einzustellen. Das dürfte auch für andere Verkehrsverbünde gelten. Es kann aber auch sein, dass dies nur ein vorübergehender Trend ist und wir in ein paar Monaten wieder beim alten Stand sind."

(maxi)
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