Berechnungen für 29 Städte So stark sind die Preise für Immobilien in NRW gestiegen

Exklusiv | Düsseldorf/Bonn · Das Bonner Forschungsinstitut Empirica hat für unsere Redaktion ausgerechnet, wie stark die Immobilienpreise in 29 NRW-Städten innerhalb der vergangenen fünf Jahre gestiegen sind. Sogar kleine Immobilien kosten mehr, als sich viele leisten können.

Eine Wohnung mit 80 Quadratmeter Wohnfläche wird mit einem mittleren Preis von 284.000 Euro aufgerufen, 90.000 Euro mehr als 2012. Im Umland sieht es nicht viel besser aus: In Neuss kostete ein Haus Ende vergangenen Jahres 360.000 (2012: 271.000) Euro. Am selben Standort stieg der mittlere Wohnungspreis um 73 Prozent auf 190.000 Euro. Pro Quadratmeter also 2400 Euro.

Diese Zahlen hat das Bonner Forschungsinstitut Empirica exklusiv für unsere Redaktion für 27 Städte des Rheinlandes sowie für Dortmund und Aachen erhoben.

Zehntausende Angebote wurden für die Datenbank ausgewertet. Als jeweiligen Preis für die jeweilige Objektgruppe nimmt Empirica den Mittelwert Median. "Die Hälfte der angebotenen Immobilien liegt beim Preis also unter dem ermittelten Wert", sagt Studienleiter Thomas Abraham, "und die andere Hälfte kostet mehr als der von uns ermittelte Wert."

Der Vorteil dieser Methode gegenüber dem Berechnen eines Durchschnittswertes ist, dass extreme Ausreißer nach oben die Statistik nicht verzerren. "In Düsseldorf, Köln oder Meerbusch werden gar nicht so selten Häuser für mehrere Millionen Euro angeboten", sagt Abraham, "würde man nun einen Durchschnittpreis inklusive dieser Preise berechnen, würde das einen zu teuren Eindruck erwecken."

  • Es zeigen sich drei Trends:
  1. Fast durchgängig gehen die Preise für Immobilien in NRW stark nach oben - extrem niedrige Zinsen für Baukredite sowie der Mangel an attraktiven, risikolosen Anlagealternativen treiben die Preise immer weiter. "Die Nachfrage ist sehr groß", sagt der Düsseldorfer Immobilienmakler Wulff Aengevelt, "die Leute suchen oft sehr lange nach der passenden Immobilie und bringen deutlich höhere Mittel auf." Die niedrigeren Zinsen mildern natürlich auch die Belastung: Wer Baugeld aufnimmt, muss bei 20 Prozent oder mehr an Eigenkapital aktuell nur rund 1,5 Prozent Zins für ein zehnjähriges Darlehen zahlen. Vor zehn Jahren waren es rund 4,5 Prozent. "Wenn ein Käufer diese Zinsersparnis in eine hohe Tilgung von drei oder vier Prozent pro Jahr steckt", sagt Aengevelt, "kann er so einen großen Teil des aktuellen höheren Kaufpreises wieder ausgleichen."
  2. Die Preise für Eigentumswohnungen legen stärker zu als für Ein- und Zweifamilienhäuser. So kosteten Wohnungen im Schnitt der analysierten 29 Städte Ende des vergangenen Jahres 40 Prozent mehr als fünf Jahre zuvor. Dagegen betrug das Plus bei Häusern "nur" etwa 29 Prozent. "Die Eigentumswohnung ist oft das Haus für den kleinen Mann", sagt Empirica-Forscher Abraham, "wohingegen die sehr hohen Hauspreise in vielen Kommunen gerade jüngere Käufer oft vom Kauf abhalten." Dabei zieht es die jüngere Klientel oft auch wegen der besseren Lage in eine Eigentumswohnung. "Viele Leute wollen gar kein Auto mehr haben", sagt Makler Aengevelt, "für die ist die Nähe zur S-Bahn oder U-Bahn wichtiger als eine Autobahn." Ältere Menschen wiederum bevorzugen oft eine Eigentumswohnung, die sie nach einer Phase der Vermietung selbst beziehen, sobald sie ihr eigenes Haus verkauft haben. "Senioren zieht es wieder mehr in urbane Gegenden", sagt Abraham, "die wollen dann auch keinen Garten mehr haben, sondern Geschäfte, Cafés oder Arztpraxen fußläufig erreichen."
  3. Die stärksten Preissteigerungen gibt es in den speckgürteln der Metropolen. Denn dorthin ziehen die Familien mit Kindern. So gingen in Erkrath die Preise für Häuser im gemessenen Zeitraum um 35 Prozent auf rund 367.000 Euro hoch, in Ratingen ging es im Mittel um 34 Prozent auf 411.000 Euro nach oben, Monheim (zwischen Düsseldorf und Köln) brachte es sogar auf eine Preissteigerung um 62 Prozent auf etwa 395.000 Euro - da liegt sogar der Durchschnittswert für Köln in Höhe von 417.000 Euro nicht viel höher.

Als Edelvorort von Düsseldorf erreicht Meerbusch einen mittleren Kaufpreis von 473.000 Euro für ein 125-Quadratmeter-Haus. Der mittlere Wert aller Häuser liegt sogar bei 651.000 Euro. "In manchen Städten wie Meerbusch haben wir ja häufig viele größere Häuser oder Villen", sagt Empirica-Forscher Abraham, "die dortigen Preise von oft mehr als einer Million Euro können sich sogar Gutverdiener nur sehr schwer leisten."

Die Frage für viele Familien lautet, ob sich nach der Immobilienpreisexplosion überhaupt noch ein Kauf lohnt - oder ob es nicht möglicherweise schlauer ist, auf fallende Immobilienpreise zu warten, falls die Zinsen wieder anziehen. Tatsächlich rechnen die Experten aber eher nicht mit breitflächig günstigeren Preisen in NRW. "Einige Übertreibungen bei besonders teuren Objekten oder Stadtteilen könnten sich wieder legen", meint Aengevelt, "aber gemessen an den Preisen in München, Freiburg oder Hamburg sehe ich hier kein breites Rückschlagpotenzial."

Etwas vorsichtiger ist Abraham: Die Preise attraktiver Wohnungen seien manchmal so stark hochgegangen, dass sie sich über eine Vermietung nur schwer finanzieren ließen. Wenn ein Käufer bei einem Weiterverkauf auch erst einmal noch die Grunderwerbssteuer von 6,5 Prozent (in Nordrhein-Westfalen) sowie Maklerkosten wieder hereinholen müsse, seien Verluste nicht auszuschließen.

Anders sieht es Abraham für Eigennutzer: "Wenn jemand lange in einem Objekt wohnen will, muss er eben die jetzige Miete mit der dauerhaften Belastung durch die Immobilie vergleichen. Dann kann so mancher Kauf noch interessant sein."

(kowa)
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