Bonn Solarworld will bis 2019 wieder Gewinne machen

Bonn · Der Solaranlagenbauer steckt erneut in einer schwierigen Lage. Jetzt droht ein Prozess in den USA, der die Krise noch verschärfen könnte.

Frank Asbeck ist einer der wenigen deutschen Energiemanager, für den sich auch Society-Reporter interessieren. Der lockige, breit gebaute Gründer des Solarkonzerns Solarworld, passionierter Jäger mit eigenem Schloss am Rhein, hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen. In den goldenen Zeiten des Solarbooms zu Anfang der Energiewende hieß er in der Presse nur der "Sonnenkönig". Doch mit der zunehmenden Konkurrenz bei Sonnenmodulen aus Asien zu Tiefstpreisen kam Asbecks Geschäftsmodell schon in den Jahren 2012 und 2013 massiv ins Rutschen. Damals rettete den Konzern nur ein Aktien- und Schuldenschnitt, bei dem Anleger Millionen verloren, vor dem Zusammenbruch.

Jetzt steckt Solarworld wieder in der Krise. Nach einem abrupten Preisrückgang für Solarmodule auf dem Weltmarkt im vergangenen Jahr um 20 Prozent stehen in der Jahresbilanz tiefrote Zahlen und über 90 Millionen Euro Verlust. "2016 war ein heftiges Jahr für die gesamte Solarbranche, geprägt von chinesischen Überkapazitäten und einem massiven Preisverfall", sagte Asbeck gestern bei der Bilanzvorlage in Bonn. "Wir haben mit Maßnahmen darauf reagiert, die unsere Kosten senken und es gleichzeitig ermöglichen, uns mit Qualität und Technologie weiter vom asiatischen Wettbewerb abzusetzen."

Asbeck kämpft um die Wende im Unternehmen. Im laufenden Jahr will er mit einem Sparprogramm und Personalabbau die Verluste eindämmen und die Sanierung des Konzerns vorantreiben. Die Kosten sollen bis 2019 um ein Fünftel sinken. Gegen die Billigkonkurrenz aus Asien setzt er verstärkt auf hochwertige monokristalline Solarmodule. Für den Umbau und den Abbau von 400 der jetzt noch rund 3300 Stellen braucht Solarworld aber erst mal Geld.

Die nötigen Rückstellungen und Abschreibungen in der Bilanz ließen das Eigenkapital in der Solarworld-Muttergesellschaft stark auf nur noch 2,6 Millionen Euro schrumpfen. Laut Gesetz musste Asbeck daher jüngst eine außerordentliche Hauptversammlung ankündigen - äußerst schlecht fürs Image. Der Börsenkurs von Solarworld stürzte nach der Mitteilung kurzzeitig ab.

Philipp Koecke, der Finanzchef des Unternehmens, betont indes, dass im Konzern noch rund 120 Millionen Euro Eigenkapital steckten und nur diese Zahl relevant sei. Das Unternehmen habe 88 Millionen Euro an liquiden Mitteln, beteuerte der Manager: "Das ist ein ausreichendes Polster, um über das Jahr hinweg gut steuern zu können." Kapitalmaßnahmen für frisches Geld seien nicht geplant, sagte Asbeck. Das Geld reiche auch für die geplanten künftigen Investitionen eines "mittleren zweistelligen Millionenbetrages im Jahr".

Ruhe bewahren und Kurs halten ist die Devise des Managements auch für die anstehende Hauptversammlung Anfang Juli. Spätestens dort dürfte das Thema hochkochen, das Solarworld-Anleger derzeit mit am meisten beschäftigt: Müssen die Bonner Rückstellungen bilden für das gewaltige Prozessrisiko, das ihnen in den Vereinigten Staaten droht? Dort hat der ehemalige Siliziumlieferant Hemlock Solarworld vor vier Jahren wegen nicht erfüllter Abnahmezusagen auf umgerechnet rund 720 Millionen Euro Schadenersatz verklagt. Ein amerikanisches Gericht hat diesen Anspruch im Sommer des vergangenen Jahres bejaht, Solarworld ging in Berufung. Gewinnt Hemlock und können die Amerikaner ihre Ansprüche auch in Deutschland geltend machen, dann wird es eng für Solarworld. Rücklagen für die Forderung hat das Unternehmen bisher noch nicht gebildet.

Der Vorstand hält die Forderung hierzulande für nicht durchsetzbar. Asbeck ist in engen Gesprächen über eine einvernehmliche Lösung mit Hemlock, wie er gestern sagte. "Wir führen sehr ordentliche Gespräche auf Führungsebene, zuletzt am Freitag, und wir sind uns einig, dass wir eine freundschaftliche Einigung wollen", so der Solarworld-Chef.

Die Frage ist, ob die Aktionäre Solarworld die Treue halten und ob das Umsteuern Asbecks für den Konzern nicht zu spät kommt. Fachleute wie der Aktionärsschützer Roland Klose (DSW) glauben an die Beharrlichkeit der Solarworld-Aktionäre: "Die sind dem Unternehmen und der Energiewende sehr verbunden: Die, die jetzt noch dabei sind, sind hart gesottene Überzeugungstäter."

(dpa)
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