Wirtschaftskrise überwunden Spaniens Banken feiern die Wiedergeburt

Madrid · Wie sehr sich die Zeiten in Spaniens Bankenwelt geändert haben, zeigt der Auftritt des José Ignacio Goirigolzarri. Der Präsident der Großbank Bankia präsentierte sich vor wenigen Tagen bei der Bilanzvorlage tiefenentspannt und ließ sich sogar zu Witzchen hinreißen.

 José Ignacio Goirigolzarri, Chef der Bankia, stellt die Zahlen vor.

José Ignacio Goirigolzarri, Chef der Bankia, stellt die Zahlen vor.

Foto: afp, PPM/raf

Kein Wunder, durfte der 61-jährige Ökonom doch erklären, wie das Geldhaus, das 2012 noch Riesenverluste erlitten hatte und mit Milliardenhilfen gerettet werden musste, 2014 den Gewinn im Vergleich zum Vorjahr um 83,3 Prozent auf 747 Millionen Euro steigern konnte.

Aber nicht nur die staatliche Bankia, der gesamte Finanzsektor profitiert in Spanien vom Ende der wirtschaftlichen Talfahrt und feiert so etwas wie eine Wiedergeburt. Die sechs größten Banken des Landes erwirtschafteten voriges Jahr einen Gewinn von zusammen 10,5 Milliarden Euro, ein Drittel mehr als 2013. Allein die Banco Santander, die international zu den Top 20 gehört, meldete ein positives Ergebnis von 5,8 Milliarden.

Die Erträge fast aller Banken schießen dank der wirtschaftlichen Erholung in Spanien - für 2015 wird mit einem Wachstum von 2,4 Prozent gerechnet - in die Höhe, die Ausfallraten wegen fauler Kredite werden niedriger. Das wird so weitergehen, meinen nicht wenige Beobachter. 2015 werde das Jahr der spanischen Börse, prophezeit etwa José Ramón Iturriaga von der Consultinggesellschaft Abante: "Schnallt euch alle an!"

"Der nationale Alptraum ist vorüber"

Die Renaissance ist in aller Munde. Der "nationale Alptraum" - wie einige Medien die Bankenkrise von 2012 nannten - scheint einigermaßen verarbeitet. Bankia etwa hatte damals innerhalb von nur zwölf Monaten sagenhafte 19,2 Milliarden Euro verloren. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone stand vor einem Finanzdesaster. Madrid musste bei der EU und beim Weltwährungsfonds (IWF) Hilfskredite von rund 41 Milliarden Euro in Anspruch nehmen. Davon erhielt allein Bankia 22,4 Milliarden.

Goirigolzarri versichert nun, dass man "alles zurückzahlen" wolle. Durch die geplante Ausschüttung einer Dividende von 1,75 Cent pro Aktie für 2014 werde der spanische Staat über die Dachgesellschaft BFA - mit knapp 63 Prozent Mehrheitsaktionär von Bankia - rund 126 Millionen erhalten.

Die Skandale, die sein Unternehmen erschüttern, nennt der seit Mitte 2012 amtierende Bankenchef aus dem Baskenland einen "Rucksack der Vergangenheit". Weil Bankia vor dem Börsengang 2011 geschönte Bilanzen vorgelegt haben soll, musste man wegen der zu erwartenden Schadenersatz-Ansprüche von Kleinanlegern hohe Rückstellungen bilden, die den Gewinn 2014 schmälerten. Zudem ermittelt die Justiz in einer Selbstbedienungsaffäre gegen 78 frühere Aufsichtsratsmitglieder sowie gegen mehrere ehemalige Topmanager, die mit Firmenkarten auf Kosten des Unternehmens private Ausgaben finanziert haben sollen.

Wie ernst es die spanischen Banken nach dem Schrecken von 2012 mit der Kostendisziplin meinen, zeigt die Tatsache, dass die acht größten Institute des Landes die Zahl ihrer Mitarbeiter und ihrer Filialen 2014 jeweils um weitere fünf Prozent reduzierten. Die spanischen Geldhäuser seien in Sachen Sanierung führend, jubelt das Wirtschaftsblatt "Expansión".

Doch in die Erleichterung mischen sich auch Sorgen und Skepsis. Schuld sind die Aufmüpfigen um den Madrider Politikdozenten Pablo Iglesias (36). Dessen linke Partei Podemos ("Wir können") sorgt nur ein Jahr nach ihrer Gründung in den Umfragen für Furore und hat Chancen, bei der Parlamentswahl Ende des Jahres ganz vorne zu landen. Mehrere Bankenchefs warnten dieser Tage, die politische Stabilität sei lebenswichtig. Sogar der optimistische Anlageberater Iturriaga räumt ein, Spanien könnte "unregierbar" werden.

(dpa)
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