Berlin SPD-Politiker Lauterbach attackiert "Krebsindustrie"

Berlin · Der stellvertretende SPD-Fraktionschef, Mediziner und Gesundheitsökonom Karl Lauterbach zählt seit seinem Einzug in den Bundestag 2005 zu den streitbaren Figuren auf dem Berlin Parkett. Nun hat der Mann mit der Fliege ein Buch über "Die Krebsindustrie" vorgelegt, das er, wie er selbst sagt, für den "interessierten Laien" geschrieben hat. Er setze sich in seinem Buch mit der "medizinischen, gesellschaftspolitischen und ökonomischen" Seite von Krebserkrankungen auseinander.

Ausgangspunkt ist für Lauterbach die zu erwartende stark steigende Zahl an Krebserkrankungen in unserer alternden Gesellschaft. "Jeder zweite aus der Generation der zwischen 1960 und 1980 geborenen Babyboomer wird an Krebs erkranken", sagte Lauterbach.

In seinem Buch erklärt er, dass der wichtigste Risikofaktor für Krebs das Alter sei. "Krebs ist eine Verschleißerscheinung der Gene." Durch Zellteilung würden sich die Gene verändern. Schon heute gebe es rund 500 000 Krebsneuerkrankungen pro Jahr.

Aus Sicht Lauterbachs rollt nicht nur eine Welle von Krebserkrankungen auf die Gesellschaft zu, sondern auch damit verbundene sehr hohe Kosten. Der Pharma-Industrie wirft der SPD-Politiker vor, dass die stark steigenden Kosten für die Arzneimittel im Kampf gegen Krebs "nichts mit der Entwicklung" innovativer Medikamente zu tun hätten. "Hier werden besonders hohe Profite gemacht", kritisierte Lauterbach. Das 2011 in Kraft getretene Arzneimittelspargesetz, wonach teure neue Medikamente nur nach Nachweis ihres Nutzens zugelassen werden dürfen, sieht Lauterbauch nicht als ausreichend an, um die Kosten der Krebstherapie im Zaum zu halten. "Wir müssen die Zulassungsstudien anders organisieren", forderte er. Der Nutzen müsse "fehlsicherer" getestet werden.

Schon im Vorfeld seiner Buchvorstellung gestern in Berlin zeigte sich die Pharma-Branche empört. Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) wies Lauterbachs Vorwurf zurück, die Pharmaindustrie verhindere den Erfolg bei der Krebsforschung. Das Gegenteil sei "richtig und offensichtlich", hieß es in einer Erklärung des BPI.

In seinem knapp 300 Seiten starken Buch beschäftigt sich Lauterbach auch mit den Risikofaktoren für Krebserkrankungen sowie der Wirkung von vorbeugenden Untersuchungen. Als "mit Abstand" wichtigsten von den Betroffenen selbst beeinflussbaren Risikofaktor nennt Lauterbach für alle Krebsarten das Rauchen. Danach folgen Übergewicht, Bewegungsmangel und Alkohol.

30 bis 40 Prozent der Krebserkrankungen sind aus Sicht Lauterbachs durch Prävention und eine gesunde Lebensweise vermeidbar.

(qua)
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