Düsseldorf Spekulant, Homo politicus, Philanthrop

Düsseldorf · Der US-Milliardär George Soros wird heute 85. Viele sehen in ihm vor allem das Finanzgenie, er selbst stellt lieber anderes nach vorn.

Berühmte Ungarn, die ihr Glück fernab der Heimat suchten, hat die Welt viele gesehen. Bela Lugosi, der als Dracula der 30er Jahre Leinwand-Schönheiten in Hollywood ängstigte, war einer. Oder Harry Houdini, der in Amerika als Entfesselungskünster Weltruhm erlangte. Johnny Weissmueller, der vielleicht berühmteste Tarzan, und Ferenc Puskas, der Mitglied der legendären ungarischen Fußball-Nationalmannschaft der 50er Jahre war und später für Real Madrid spielte. Vier von vielen. Alles große Namen, aber keiner hat in seinem Leben so viel Geld gescheffelt wie George Soros. Rund 24 Milliarden Dollar Vermögen schreibt ihm die Forbes-Liste mit den reichsten Menschen der Welt aktuell zu. So viel kann man in seinem Leben kaum ausgeben, schon gar nicht, wenn man schon 85 ist. So alt wird George Soros nämlich heute.

Als größter Spekulant aller Zeiten ist er schon tituliert, ehrfürchtig ein Finanzgenie genannt worden. Beides reduziert Soros auf das, was er im Laufe der vergangenen Jahrzehnte an ökonomisch Messbarem erreicht hat. Und dieseBeschränkung mag Soros gar nicht.

Natürlich bleibt der Wahl-Amerikaner aus Budapest auf ewig derjenige, der in den 90er Jahren gegen das britische Pfund und gegen die D-Mark spekulierte, der 2007, als die Welt schon unter der beginnenden globalen Finanzkrise stöhnte, mit seinen Fonds noch 2,9 Milliarden Dollar verdiente.

Aber Soros ist mindestens so sehr Homo politicus - wobei man sicher sein kann, dass er bei Allem niemals die eigenen wirtschaftlichen Interessen aus den Augen verliert. Die US-Demokraten feierten ihn, als er pointiert gegen George W. Bush und den Irak-Krieg Stellung bezog, und er hatte die demokratische Welt auf seiner Seite, als er die polnische Gewerkschaftsbewegung Solidarnosc, die Charta 77 in der damaligen Tschechoslowakei und den russischen Dissidenten Andrej Sacharow unterstützte - zu Zeiten, als der Eiserne Vorhang Europa noch teilte. Andererseits gibt es nicht wenige, die ihm vorgeworfen haben, im Krieg auf dem Balkan in den 90er Jahren vor allem eigene wirtschaftliche Interessen verfolgt zu haben, und andere, die ihn verdächtigten, Altkommunisten an der Macht gehalten zu haben. Zudem hat George Soros noch vor Kurzem erklärt, zur Rettung des Euro solle lieber Deutschland als Griechenland die Währungsunion verlassen, und Europa spare sich kaputt, anstatt etwas fürs Wachstum zu tun. Damit mag Soros Griechenlands Ex-Finanzminister Giannis Varoufakis erfreut haben, vielleicht auch ein paar andere Ökonomen abseits des Mainstreams - der Deutschen Freund wird er nicht.

Dafür ist er Freund jener schwarzen Studenten, denen er schon früh den Weg an die Uni in Kapstadt ebnete. Ein Mann, der Abermillionen in wohltätige Einrichtungen pumpt oder in die Organisation "Reporter ohne Grenzen". Das alles stellt er lieber zur Schau als sein enormes Vermögen. Soros hat mal gesagt, ihn interessiere Geld nur am Rande. Das kann Soros mit seinen 24 Milliarden Dollar furchtbar leicht sagen, weil er selbst bei den Minizinsen auf einem deutschen Sparbuch noch täglich über Zigtausende Dollar verfügen könnte.

Aber Soros gibt sich eben am Liebsten als Philanthrop. Er will nicht nur des Reichtums wegen wahrgenommen werden, sondern auch als Autor, als Philosoph, als Gesellschaftskritiker. Nur - als Verbreiter wissenschaftlich ernstzunehmenden Gedankenguts registriert ihn die Welt kaum. Ihm gehe der wissenschaftliche Stallgeruch ab, hat mal einer geschrieben. Ob das reicht, literarische Bedeutungslosigkeit zu erklären? Der Glaube an die große Autoren-Karriere jedenfalls war bisher Fehlspekulation.

(RP)
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