Berlin/Luxemburg Spielzeug-Urteil: Berlin muss Grenzwerte ändern

Berlin/Luxemburg · Deutschland muss seine Grenzwerte für bestimmte Schwermetalle in Kinderspielzeugen den teilweise weniger strengen EU-Vorgaben anpassen. Dies hat das EU-Gericht in Luxemburg gestern entschieden (Rechtssache T-198/12). Allerdings kann die Bundesregierung noch Rechtsmittel einlegen. Bei Arsen, Quecksilber und Antimon muss sich Deutschland demnach an die im europäischen Recht festgelegten Obergrenzen halten. Bei Blei muss die EU-Kommission neu entscheiden, bei Barium hatte Deutschland keine Bedenken mehr, nachdem die EU neue Grenzwerte festgelegt hatte. Die Stoffe gelten zum Teil als krebserregend.

Die Bundesregierung hatte 2012 gegen die EU-Kommission geklagt, um die nationalen Grenzwerte beibehalten zu können. Berlin hatte argumentiert, dass die teilweise höheren deutschen Obergrenzen für Schwermetalle den Kindern besseren Schutz böten als die EU-Vorgaben. Diese Sicht teilten die Richter nicht: Denn bei bestimmten Materialien seien die EU-Vorschriften auch strenger als in Deutschland. Die giftigen Stoffe kommen in vielerlei Form ins Kinderzimmer. Blei und Quecksilber etwa finden sich in Batterien, Antimon kann in Spielzeug aus Polyester enthalten sein. Vergiftungen mit Schwermetallen können je nach Stoff zu Schäden des Nervensystems führen oder die geistige Entwicklung verzögern.

Hintergrund des Streits sind unterschiedliche Methoden zur Bewertung des Risikos einer Aufnahme der Stoffe in den Körper. Nach deutschem Recht gelten einheitliche Grenzwerte für einen Schadstoff - egal, ob ein Material fest, flüssig oder staubig ist. Das EU-Recht hingegen ist bei staubigen Materialien, etwa Kreide, oder bei flüssigen Stoffen, etwa Seifenblasenflüssigkeit, strenger als das deutsche.

Nur für Abschabungen von Spielzeug-Materialien, etwa von Holzklötzen, Plastikpuppen oder Metallschaukeln, seien die Grenzwerte der EU-Richtlinie zur Spielzeugsicherheit weniger streng als die deutschen Grenzwerte, erklärte die EU-Kommission. Das Risiko einer Gefährdung sei bei solchen Spielzeugen aber viel geringer: "Kinder müssten erst etwas von dem Stoff von den Spielzeugen abkratzen und zu sich nehmen, bevor die Chemikalien freigesetzt werden können."

"Das Urteil ist eine Niederlage für den Verbraucherschutz und ein Rückschritt bei der Kindergesundheit", sagte die verbraucherpolitische Sprecherin der Grünen, Nicole Maisch. "Die Spielzeugindustrie ist durchaus in der Lage, geringere Schwermetallgrenzwerte einzuhalten." Die Bundesregierung müsse an ihren oft höheren Grenzwerten festhalten und gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen, forderte sie.

(mar)
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