Ingolstadt Staatsanwälte stehlen Stadler die Schau

Ingolstadt · Bei der Bilanz-Pressekonferenz von Audi sollte es eigentlich um die Zukunft des Autoherstellers gehen. Stattdessen durchsuchte die Staatsanwaltschaft mit einem Großaufgebot die Firmenzentrale - und blamierte damit den Hausherren.

Es gab schon mal Tage, die besser gelaufen sind für Rupert Stadler. Eigentlich wollte er gestern bei der Bilanzpressekonferenz in Ingolstadt Aufbruchstimmung verbreiten, über die Zukunft sprechen. Stattdessen musste der Audi-Chef auf dem Weg zur Arbeit erfahren, dass soeben Staatsanwälte und Ermittler damit begonnen hatten, die Audi-Zentrale zu durchsuchen.

80 Polizeibeamte und 18 Staatsanwälte waren ausgerückt, um ab sieben Uhr morgens in Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen Büros und Privaträume zu durchsuchen. Man ermittele gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung, teilte die Staatsanwaltschaft München II mit, die das Verfahren leitet.

Es geht - natürlich - mal wieder um den Abgasskandal, der den Volkswagen-Konzern, dessen Tochter Audi ist, auch zwei Jahre nach Bekanntwerden nicht loslässt und um die 80.000 Diesel-Fahrzeuge, die Audi dabei mit manipuliertem Motor in die USA verkauft haben soll.

"Der Zeitpunkt war unglücklich und keine Absicht", sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Angeblich haben die Ermittler erst kurzfristig, am Montag oder Dienstag, von der Veranstaltung erfahren. Und auch die Tatsache, dass die Untersuchung erst jetzt stattfand, habe einen einfachen Grund: Erst jetzt habe man die entsprechenden Informationen gehabt, durch die ein Anfangsverdacht bejaht werden könne. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" soll es sich dabei um die Tatsachendarstellung handeln, auf die sich VW mit den US-Behörden geeinigt hat und in der die Audi-Mutter die Verfehlungen der Tochter einräumt. Erst dadurch konnten die Staatsanwälte ihre Ermittlungen vorantreiben.

Für Stadler ist der Zeitpunkt der Untersuchungen natürlich demütigend - egal ob geplant oder nicht: Ausgerechnet an dem Tag, an dem er auf der Bühne vor Journalisten aus aller Welt Rede und Antwort stehen muss, durchsuchen Ermittler parallel sein Unternehmen. Ausgerechnet an dem Tag, an dem es um Audi-Modelle gehen soll, interessieren sich die Besucher mehr für die Fahrzeuge der Marken Ford, BMW und Mercedes, mit denen die Ermittler angerückt sind.

Entsprechend schmallippig gab sich der Manager. Er habe größtes Interesse an der Aufklärung, man werde eng mit den Behörden kooperieren - Stadler verschanzte sich hinter einstudierten Aussagen. Immerhin: Sein Haus sei von den Durchsuchungen nicht betroffen, sagte er. "Ich habe noch keinen Besuch gesehen, aber ich bin ja seit 7.30 Uhr auf der Arbeit", sagte er: "Meine Frau hat jedenfalls noch nicht angerufen."

Schon am Tag zuvor hatte er sich bei der Bilanz-Pressekonferenz der Audi-Mutter Volkswagen unangenehme Fragen gefallen lassen müssen, die nun auch in Ingolstadt wieder auftauchen: Warum es an der Konzernspitze von Audi eigentlich keine Konsequenzen wegen des Abgasskandals gegeben habe, wurde Stadler gefragt. Immerhin sei bei Volkswagen auch Ex-Chef Martin Winterkorn zurückgetreten, ohne dass man ihm eine eindeutige Schuld habe zuweisen können.

Doch bislang genießt Stadler offenbar noch ausreichend Rückhalt im Aufsichtsrat. Es scheint, als traue man ihm weiterhin zu, die Krise zu überstehen - und die anderen Probleme zu lösen, die Audi aktuell hat.

Denn in China, dem wichtigsten Markt des Unternehmens, krachte es zuletzt gewaltig zwischen dem Autohersteller und seinen Händlern. Die Verkäufe brachen dort zuletzt ein. Er sei sehr zuversichtlich, dass man dort langfristig zu guten Vereinbarungen kommt, betonte Stadler. Der Markt ist extrem wichtig für die Marke mit den vier Ringen, wenn sie zu den Konkurrenten BMW und Mercedes wieder aufschließen will. Und auch die Diesel-Affäre ist noch lange nicht ausgestanden und könnte den Gewinn in Zukunft weiter belasten.

(frin)
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