Essen Steag streicht jeden vierten Job in Deutschland

Essen · Lange hat der fünftgrößte deutsche Stromkonzern die Augen vor der Energiewende verschlossen. Doch nun muss auch die Steag einsehen, dass man mit Bilanzakrobatik allein nicht gegen die Krise ankommt. Sie will massiv Jobs streichen. In Deutschland werden wohl 800 bis 1000 Stellen wegfallen, sagte Steag-Chef Jochen Rumstadt "Handelsblatt" und "WAZ". Die Steag beschäftigt weltweit 5900 Mitarbeiter, davon 3500 in Deutschland.

Schon bei einem sommerlichen Krisentreffen im Sauerland hatten die Eigentümer ihrem Ärger über schlechte Zahlen und dilettantisches Management Luft gemacht, heißt es in Konzernkreisen. So wollte Rumstadt zwischenzeitig in Hoffnung auf Staatshilfe die ostdeutsche Braunkohle von Vattenfall übernehmen. Im Sauerland hätten die Eigentümer Rumstadt zum Handeln gezwungen, heißt es. Die Steag gehört den Stadtwerken in Dortmund, Duisburg, Essen, Oberhausen, Bochum und Dinslaken. Eon, RWE und EnBW haben bereits vor Jahren Tausende Stellen abgebaut.

Jetzt muss in Deutschland nicht nur jeder vierte Steag-Mitarbeiter gehen. Auch die Hälfe der Blöcke wird hier stillgelegt. Die Steag hat Kraftwerke an acht Standorten: im Ruhrgebiet in Bergkamen, Walsum, Herne, Lünen und Voerde, im Saarland in Bexbach, Völklingen und Weiher. Die Hälfte der insgesamt zwölf Blöcke werde man wegen Unwirtschaftlichkeit wohl vom Netz nehmen, erklärte Rumstadt. Die Kapazität von aktuell 9000 Megawatt werde sich dadurch halbieren. Eigentlich sollten die Anlagen erst bis 2025 auslaufen. Beim Auslands-Geschäft soll sich nichts ändern.

Die Gewerkschaft gibt der Politik die Schuld. "Die IG BCE ist in großer Sorge, dass ein weiteres Unternehmen durch die Umsetzung der Energiewende in Schwierigkeiten gerät", sagte deren Chef Michael Vassiliadis. Die Energiewende werde nur gelingen, wenn es nicht nur Subventionen für Erneuerbare gebe, sondern auch Hilfe für Kohle- und Gaskraftwerke. Er betonte: "Bei der Steag wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben."

Die Stadtwerke der klammen Kommunen, die die Steag einst auf Pump für 1,1 Milliarden Euro von Evonik gekauft haben, müssen sich ebenfalls auf harte Zeiten einstellen. Steag-Aufsichtsratschef Guntram Pehlke kündigte an, dass bei den Stadtwerken "in den kommenden Jahren" kein Geld mehr ankommen werde. Die Ausschüttung der Steag werde aber reichen, damit das Stadtwerke-Konsortium Zinsen und Tilgung zahlen könne. Bislang konnten sich die Stadtwerke regelmäßig über 31 Millionen im Jahr freuen, schon für 2016 soll es dies nicht mehr geben. Über 40 Millionen flossen in den Schuldendienst. Nun gibt es über Jahre keine Dividende mehr, stattdessen drohen dicke Abschreibungen. In der Landespolitik ist man alarmiert, wie sich die Stadtwerke verzockt haben.

(anh)
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