Brüssel Streit um die Rettung von Italiens Banken

Brüssel · Italien will seine maroden Banken mit Steuergeld retten. Dabei verlangt die seit Jahresanfang geltende EU-Regel, dass als erstes die Aktionäre helfen müssen. Zugleich stehen Portugal und Spanien am Pranger.

Streit um die Rettung von Banken von Italien
Foto: Schnettler

Nur wenige Wochen nach dem Brexit-Votum lodert in Europa ein neuer Krisenherd auf: Im Mittelpunkt stehen Italiens Banken, die 360 Milliarden Euro an faulen Krediten haben. Prompt bricht eine neue Debatte über Staatshilfe los.

"Die Probleme der italienischen Banken sind in ihren Grundzügen seit langem bekannt, insbesondere die hohen Bestände an notleidenden Krediten", sagte Christoph Schmidt, Chef der Wirtschaftsweisen, unserer Redaktion. Italiens Wirtschaft wächst seit Jahren kaum, die Arbeitslosigkeit ist hoch, Reformen kommen kaum voran. Bislang hat die Europäische Zentralbank (EZB) die Krise gedämpft. "Ohne EZB-Präsident Mario Draghi lägen die Risikoaufschläge für italienische Anleihen weit höher", sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt der Nordea-Bank. Die EZB hat bislang italiensche Staatsanleihen für 144 Milliarden Euro gekauft, das sind 16 Prozent ihrer Käufe.

Viel. Eine Bankenkrise im drittgrößten Land der Euro-Zone würde Europa noch stärker treffen als die in Griechenland. Zugleich hat sich Europa Regeln zur Banken-Rettung gegeben: Laut Richtlinie zur Bankensanierung müssen erst Aktionäre und Gläubiger einspringen (Bail-In-Regel), erst im zweiten Schritt die Steuerzahler. Ausnahmen sind nur erlaubt, wenn die Stabilität des Finanzsystems in Gefahr ist und müssen von Europa genehmigt werden.

Italiens Premier Matteo Renzi will grünes Licht von Europa für Staatshilfen. Offiziell beruft er sich auf System-Gefahren. Tatsächlich geht es ihm um italienische Kleinsparer, die einen Teil ihres Gelds in Bankaktien angelegt haben, die einst als Witwen- und Waisenpapiere galten, inzwischen aber hoch spekulativ sind. Ganz wie in Deutschland.

Banken-Volkswirte würden es begrüßen, wenn der Steuerzahler ins Boot kommt. "Das wäre vernünftig, wenn Renzi die Banken parallel zur Restrukturierung zwingt", sagt Sandte. Europa sollte nicht stur auf der Einhaltung von Regeln beharren, die ohnehin fragwürdig seien. Die Bail-In-Regel habe gefährliche Nebenwirkungen: "Sie könnte dazu führen, dass Banken künftig keine neuen Aktionäre und Gläubiger mehr finden, weil diese eine umfassende Haftung fürchten." Die Regel drohe damit eine Banken-Krise anzuheizen. Zudem sprächen politische Gründen für Staatshilfe. "Renzi hat gegen Widerstände schon einiges angepackt. So hat er die Regel für üppige Abfindungen gekappt und eine wichtige Hürde für Neueinstellungen beseitigt. Die Gefahr ist groß, dass nach Renzi, dem überzeugten Europäer, ein Europa-Gegner in Rom ans Ruder kommt."

Christoph Schmidt lehnt neue Staatshilfe dagegen ab. "Ziel der Gläubigerbeteiligung ist es, die Akteure zu einem risikobewussteren Verhalten anzuregen. Dadurch sollen Risiken für die Finanzstabilität stärker begrenzt werden, als es ohne die Beteiligung der Gläubiger - und damit mit im Krisenfall sehr weit reichenden staatlichen Garantien - der Fall sein würde", sagt Schmidt. Das Risiko, dass die EU weiter in Richtung einer Haftungsgemeinschaft rutscht, steige, wenn der gerade erst geschaffene Rahmen für Bankenabwicklungen gleich wieder in Frage gestellt werde. "Regeltreue wäre ein Weg, um das verloren gegangene Vertrauen in die Stabilität der Währungsunion wiederherzustellen, sie muss auch in Zeiten gelebt werden, wenn sie kein Selbstläufer ist."

(anh)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort