Düsseldorf/Hannover Streit um Entschädigung für Flugausfälle

Düsseldorf/Hannover · Unmittelbar vor den Schulferien in NRW setzen Piloten und Stewardessen von Tuifly ihre eigene Airline und teilweise auch Air Berlin lahm. Mehr als 100 Flüge mussten gestrichen werden, heute alle bei Tuifly.

Morgen erwartet der Flughafen Düsseldorf mit 89.500 Personen die höchste Passagierzahl in seiner Geschichte, gestern und vorgestern litten bereits viele hundert Passagiere unter einem faktischen Arbeitskampf bei Tuifly beziehungsweise indirekt Air Berlin. "Ich bin geschockt", sagt ein 64-jähriger Rentner aus Ratingen, "wir wollten als Ehepaar Mittwochfrüh um sechs Uhr nach Kos fliegen, dann bekamen wir nur ein Blatt Papier mit dem Hinweis auf ausfallende Flüge in die Hand gedrückt." Was den Kunden besonders ärgert: "Den Flugpreis bekommen wir zurück, aber keinen Schadenersatz."

Insgesamt strichen Air Berlin und Tuifly gestern bundesweit 107 Verbindungen, weil sich bei Tuifly viele Piloten aber auch einige Stewards und Stewardessen kurzfristig krank meldeten. Die Mitarbeiter demonstrieren so dagegen, dass der Tui-Ableger Tuifly in einen Verbund mit den Ferienfliegern von Air Berlin geschoben werden soll. Sie fürchten schlechtere Arbeitsbedingungen. Von den Ausfällen gestern betroffen waren 47 Flüge von Tuifly, heute entfallen alle 108 Flüge. Auch 60 der mehr als 500 Verbindungen von Air Berlin wurden gestern gestrichen, weil Tuifly 14 Jets inklusive Crews für Air Berlin betreibt.

In Düsseldorf gab es bei Air Berlin gestern vorrangig massenhaft Verspätungen. Nur ein Flug aus Berlin fiel laut Firma weg. Bei Tuifly kamen Jets aus Menorca, Kreta, Fuerteventura und Teneriffa nicht an. Von acht Abflügen mussten einer nach Menorca und einer nach Kreta gestrichen werden, ein Flug nach Antalya wurde erst am Abend mit einer Ersatzmaschine durchgeführt, nach Teneriffa gab es einige Stunden Verspätung. "Ich bin nur noch genervt", erzählte eine Passagierin.

Zumindest Air Berlin hofft, die Krise teilweise in den Griff zu kriegen. Hauptaktionär Etihad aus Abu Dhabi hilft aus, indem sechs Jets ausgeliehen werden. In einer ungewöhnlichen Aktion riefen Vorstand, Betriebsrat, Verdi und die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit die Belegschaft zu Sondereinsätzen bis Sonntag auf, um den Flugbetrieb abzusichern. Diese Aktion ist umso bemerkenswerter, weil mancher Branchenkenner die Vereinigung Cockpit als Drahtzieher der Krankmeldungen bei Tuifly verdächtigt.

An zwei Punkten ist der Airline-Streit juristisch spannend. Dürfen sich Piloten oder Stewards massenhaft gleichzeitig krank melden oder verletzen sie ihre Dienstpflichten? Dazu sind sich Unternehmen und Gewerkschaft einig, dass einzelne Krankmeldungen beim fliegenden Personal nur schwer überprüft werden können. Falls die Firma aber Beweise für eine konzertierte Aktion fände, wäre Schadenersatz fällig.

Air Berlin und Tuifly zahlen zwar Geld zurück für Flüge, doch Entschädigungen an Passagiere werden verweigert. Es handele sich um einen "außergewöhnlichen, unvermeidbaren Umstand im Sinne von höherer Gewalt", so ein Tui-Sprecher. Das sehen manche Juristen anders. "Krankmeldungen sind eigentlich keine höhere Gewalt", sagt der Berliner Anwalt Peter Kortas. "Um Schadenersatz abzuwehren, müssten Tuifly und Air Berlin genau nachweisen, dass sie alles getan haben, um die Ausfälle zu verhindern." Er ergänzt: "Klagen auf Schadenersatz haben gute Chancen."

Der Rentner aus Ratingen sieht das ähnlich. Er nahm Kontakt zu einer auf Flugentschädigungen spezialisierten Anwaltsfirma auf, die Honorar nur bei Erfolg nimmt.

(RP)
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