Kosten der Energiewende steigen weiter Strompreisbremse könnte Tickets im ÖPNV verteuern

Mainz · Während Peter Altmaier (CDU) einem Medienbericht zufolge aus Kostengründen mehrere Klimaschutzprogramme auslaufen lassen will, könnten Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr wegen der vom Bundesumweltminister geplanten Strompreisbremse finanziell deutlich mehr belastet als entlastet werden.

Noch im Laufe des Monats werde Altmaiers Ministerium unter anderem den Stopp von Förderprogrammen zur Elektromobilität, zur Entwicklung von Stromspeichern und für den Waldklimafonds bekanntgeben, berichtete das Magazin unter Berufung auf eine interne Auflistung des Hauses. Im April sollten weitere Klimaschutzprojekte gestrichen werden, betroffen seien insgesamt 14 Einzelmaßnahmen.

Dem Bericht zufolge sollten die Projekte ursprünglich aus dem Energie- und Klimafonds der Bundesregierung finanziert werden. Dort klaffe jedoch eine Milliardenlücke, weil der europäische CO2-Zertifikatehandel nicht genug Geld in die Kasse spüle. Altmaier und die EU-Kommission plädieren für eine Verteuerung dieser Zertifikate. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt dies mit Verweis auf die zu starke Belastung der Industrie ab.

Tickets könnten deutlich teurer werden

Unterdessen berichtet das ZDF-Verbrauchermagazin "WISO" über sehr wahrscheinlich steigende Preise imöffentlichen Nahverkehr. Der Grund: Der Schienenverkehr soll nicht länger von der Öko-Umlage des Erneuerbaren Energien Gesetzes (EEG) befreit werden.

Der Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen, Jürgen Fenske, kündigt in WISO "sehr hohe Fahrpreiserhöhungen" an, falls die EEG-Befreiung gestrichen wird. Der Schienenverkehr und auch die Deutsche Bahn würden mit einem "hohen dreistelligen Millionenbetrag" belastet, den die Verkehrsbetriebe nicht auffangen könnten. "Es macht für die Umwelt, für Klima und Energie keinen Sinn, wenn wir den öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland schwächen."

WISO liegen Berechnungen von Verbraucherschützern und dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vor, wonach eine dreiköpfige Familie bei einem Jahresverbrauch von 2000 Kilowattstunden im Jahr 1,20 Euro bei ihrer Stromrechnung einsparen würde, wenn zukünftig auch der öffentlichen Personennahverkehr die EEG-Umlage zahlen muss. Erwirbt diese Familie etwa ein Jobticket und ein Mehrfahrtenticket pro Woche, müsste sie nach den Berechnungen jedoch für den öffentlichen Nahverkehr in Köln oder München 38 Euro pro Jahr mehr zahlen. In Berlin stünde der Einsparung von 1,20 Euro beim privaten Stromverbrauch eine Mehrbelastung von fast 34 Euro gegenüber, in Frankfurt 41 Euro.

Die Auswirkungen der Strompreisbremse für den öffentlichen Nahverkehr kritisieren auch Verbraucherschützer. Bestraft werde nicht nur eine umweltfreundliche Verkehrsform, erklärt Frauke Rogalla vom Verbraucherzentrale Bundesverband in WISO. "Der Verbraucher zahlt ein Vielfaches mehr für die Ticketpreise als er beim Strompreis einspart. Das kann nicht im Sinne der Energiewende sein."

"Bahntickets werden nicht durch S21 teurer"

Bahnchef Rüdiger Grube hat anders als Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) eine Erhöhung der Ticketpreise wegen der Mehrkosten für Stuttgart 21 ausgeschlossen. "Die Finanzierung von Stuttgart 21 hat nichts mit den Ticketpreisen für den Fernverkehr zu tun", sagte Grube dem "Spiegel". Ramsauer hatte gewarnt, die Tickets könnten teurer werden, wenn sich das Land Baden-Württemberg nicht an den Milliarden-Mehrkosten für das Bahnhofsprojekt beteiligt.

Grube warf Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) in einem Streitgespräch vor, die Arbeit des Konzerns zu behindern. "Es kann nicht sein, dass diejenigen, die ständig den Stock in die Speichen stecken, sich später beschweren, dass alles teurer wird."

Kretschmann vermisst bei der Bahn und den Befürwortern des Projekts Selbstkritik. Trotz der Kostenexplosion habe er vom Konzern und CDU sowie SPD kein Wort des Bedauerns gehört. "In Japan müssten diese Leute tiefe Verbeugungen vor dem Volk machen." Ein Ausstieg komme aber nicht mehr infrage, erklärte Kretschmann. Er müsse sich an die Volksabstimmung halten, die die Befürworter gewonnen hatten.

(dpa/AFP/ots/felt/das)
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