Berlin Stromrabatte entlasten Industrie um fünf Milliarden

Berlin · Unternehmen protestieren bei Gabriel gegen neue Ökostrom-Abgabe für Betriebe mit Eigenstrom-Anlagen.

Die deutsche Industrie wird trotz des Widerstands der EU in diesem Jahr noch stärker von den Kosten der Energiewende entlastet als zuvor. Rund 2100 Betriebe hätten Bescheide über eine Befreiung von insgesamt 5,1 Milliarden Euro bekommen, teilte das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) gestern in Eschborn mit. Im vergangenen Jahr wurden die deutschen Betriebe um vier Milliarden Euro entlastet. Die EU-Kommission hat ein Verfahren gegen Deutschland wegen der Rabatte auf die Ökostrom-Umlage eingeleitet, weil sie für ausländische Unternehmen Wettbewerbsnachteile bedeuten.

Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) hat signalisiert, der EU entgegenzukommen, will im Kern die Entlastung aber verteidigen. Er hält diese für unverzichtbar, weil Betriebe mit sehr hohem Stromverbrauch sonst im Wettbewerb benachteiligt würden. Die Umlage beträgt derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde und macht für manche Unternehmen damit mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Wegen der Stromrabatte für die Industrie werden die Umlage-Kosten für alle übrigen Verbraucher größer. Während das EU-Verfahren läuft, darf das Bafa keine neuen Bescheide mehr für 2015 erteilen. Die Bundesregierung will eine Einigung mit der Kommission daher bis zum Sommer erreichen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) traf sich gestern mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso. "Wir müssen sehr schnell zu einer Einigung kommen, und ich bin zuversichtlich, dass die EU-Kommission einen Konsens mit Gabriel finden wird", sagte Weil danach. "Die Uhr tickt. Wenn wir bis Spätsommer keine Einigung finden, haben wir den Salat", sagte er mit Blick auf die Möglichkeit, dass dann für 2015 keine neuen Befreiungen für Betriebe gewährt werden könnten. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia will am kommenden Montag in Berlin über bisherige Fortschritte in dem Verfahren berichten.

Gabriel plant auch umstrittene Kürzungen der Förderung von Biomasse- und vor allem Windkraft-Anlagen. Gestern traf er mit etwa 30 Vertretern der energieintensiven Industrie zusammen, um die Reformen und das Vorgehen mit der EU zu diskutieren. Die Industrie stößt sich neben der Kürzung der Rabatte auch daran, dass Gabriel künftig auch Betriebe mit Eigenstrom-Bestandsanlagen in die Ökostrom-Umlage einbeziehen will. Davon wären 50 000 Betriebe betroffen, beklagte Eric Schweitzer, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Neben Schweitzer sprachen mit Gabriel unter anderem BDI-Präsident Ulrich Grillo, BASF-Chef Kurt Bock und IG BCE-Chef Michael Vassiliadis.

(mar)
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