Düsseldorf Studie: Rentenbeitrag steigt auf 22,7 Prozent

Düsseldorf · Mütterrente und abschlagfreie Rente mit 63 setzen aus Sicht der Autoren die falschen Signale. Tenor der Untersuchung: Je weniger Beitragszahler, je mehr Empfänger und je länger die Bezugsdauer, umso höher muss der Beitrag sein.

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung wird sich nach Einschätzung des Marktforschungsinstituts Prognos in den nächsten eineinhalb Jahrzehnten stärker erhöhen als bislang von der Bundesregierung vorausgesagt. "Als Folge der beschlossenen Mütterrente und der abschlagfreien Rente mit 63 dürfte der Rentenbeitrag bis 2030 auf 22,7 Prozent steigen", erklärte Prognos-Chefökonom Michael Böhmer bei der Präsentation der Studie mit dem Titel "Die Zukunft der Altersvorsorge vor dem Hintergrund von Bevölkerungsalterung und Kapitalmarktentwicklungen". Gleichzeitig erwarten die Autoren durch die Rentenpläne eine noch deutlichere Absenkung des Rentenniveaus, das derzeit im Durchschnitt bei 48 Prozent des Bruttojahreseinkommens liegt. Die Regierung setze ein falsches Signal, weil "das derzeitige demografische Zwischenhoch für langfristige Leistungsausweitungen missbraucht" werde, heißt es.

Das Rentenpaket der großen Koalition soll Ende Mai vom Bundestag verabschiedet werden und zur Jahresmitte in Kraft treten. Die Kritiker der geplanten Neuregelung, allen voran der Wirtschaftsflügel der Union, fordern, dass Zeiten der Arbeitslosigkeit nur begrenzt angerechnet werden.

Für sie ist die Untersuchung Wasser auf ihre Mühlen. Die Prognose der Studie, die Prognos mit dem Handelsblatt Research Institute (HRI) im Auftrag des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erstellt hat, liegt immerhin 0,7 Prozentpunkte über der Obergrenze von 22 Prozent, die seit 2005 für den Zeitraum bis 2030 gesetzlich verankert ist. Derzeit liegt der Beitragssatz bei 18,9 Prozent. Die Reformen der vergangenen Jahre dürften auf keinen Fall zurückgedreht werden, so HRI-Präsident Bert Rürup, weil andernfalls bis zum Jahr 2050 sogar ein Beitragsanstieg auf 30 Prozent drohe.

Unter dem Strich steht die für eine Studie im Auftrag des privaten Versicherer-Verbandes wenig überraschende Erkenntnis, dass es ohne kapitalgedeckte private und betriebliche Vorsorge nicht gelingen wird, den Lebensstandard im Alter aufrechtzuerhalten. Daran sei auch in der aktuellen Niedrigzinsphase nicht zu rütteln, hat GDV-Präsident Alexander Erdland erklärt. Diese Niedrigzinsphase macht derzeit den Lebens- und Rentenversicherern das Geschäft schwierig. Denn es ist derzeit schier unmöglich, am Kapitalmarkt Renditen zu erwirtschaften, die sowohl die Einhaltung der Garantieverspechen aus Altverträgen als auch attraktive Konditionen für Neueinsteiger möglich machen. Dies führt bei manchem Anbieter dazu, dass das Neugeschäft eingebrochen ist, und es hat die Branche zu Angeboten gebracht, in denen die früher üblichen lebenslangen Garantien nicht mehr gegeben werden.

Andererseits soll die private Vorsorge aber auch in Zukunft ein Baustein sein bei dem Versuch, die nächsten Generationen von Rentnern so weit wie möglich vor der Altersarmut zu bewahren. Um der vorzubeugen, fordern die Studien-Autoren auch, dass mehr Selbstständige, die "nicht in einem der etablierten obligatorischen Alterssicherungssysteme abgesichert sind", zur Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtet werden - allerdings nur dann, wenn sie nicht älter als 45 sind und noch keine eigene Vorsorge aufgebaut haben. Dies könne für Selbstständige das Risiko von Altersarmut verringern.

In diesem Zusammenhang übt die Studie auch Kritik an der Vorstellung, ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro könne die Probleme der Alterssicherung lösen. Ein über 35 Beitragsjahre konstantes Gehalt von 2065 Euro entspreche einem Stundenlohn von 12,29 Euro, und selbst dann kämen am Ende nur 700 Euro gesetzliche Rente heraus, rechnen die Autoren vor.

(RP)
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