Düsseldorf/Berlin Tarifabschluss bevorzugt Jüngere

Düsseldorf/Berlin · Um für Ingenieure und andere Fachkräfte attraktiver zu werden, erhöhen Bund und Kommunen die Gehälter für neue Mitarbeiter. Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen begrüßen dies, warnen aber vor steigenden Kosten.

Der neue Tarifabschluss im öffentlichen Dienst zielt darauf ab, gut qualifizierte Mitarbeiter stärker anzulocken. Außerdem steigen die Gehälter in den unteren Tarifgruppen etwas stärker als in den höher bezahlten Gruppen. Dies zeigen die neuen Tariftabellen, die der Deutsche Beamtenbund gestern berechnet und die unsere Redaktion ausgewertet hat. Die Auswirkungen der durchschnittlichen Lohnsteigerungen von 3,19 Prozent (ab März 2018), 3,09 Prozent ab April 2019 und weiteren 1,06 Prozent im März 2020 sind also sehr verschieden.

Insgesamt legt der öffentliche Dienst mehr zu als in den Vorjahren. Gemessen am Abschluss in der Metallindustrie mit einem sofortigen Plus von mehr als vier Prozent und einer Reihe weiterer Verbesserungen ist die Steigerung aber nicht sehr groß. "Die Zeit der niedrigen Abschlüsse ist vorbei", sagt Hagen Lesch, Tarifexperte beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW).

Zu den Details: Es gibt in der niedrigsten Lohngruppe für Akademiker ein Lohnplus von 399,20 Euro monatlich bis März 2020, was einer Steigerung von fast elf Prozent entspricht. Bei besonders qualifizierten Kräften wie Fachärzten in der Verwaltung (zum Besipiel in Gesundheitsämtern) mit der Einkommensgruppe EG 15 ist 2020 sogar ein Startgehalt von 4860,31 Euro möglich. Auch das sind fast elf Prozent mehr. Für die Akademiker mit langer Berufserfahrung ist "nur" ein Plus von rund sieben Prozent vereinbart worden. "Die Lohnabstände zwischen jüngeren und älteren Kollegen schmilzen im öffentlichen Dienst etwas zusammen", sagt Lesch, "das Erfahrungswissen zählt etwas weniger, das Ansprechen neuer Mitarbeiter mehr."

Die unteren Lohngruppen schneiden halbwegs gut ab. Der Verdi-Vorsitzende Frank Bsirske ist zwar damit gescheitert, eine Lohnerhöhung von mindestens 200 Euro im Monat für jeden Beschäftigten durchzusetzen. Aber es gibt für die untersten sechs Entgeltgruppen eine Einmalzahlung von 250 Euro für März. Hinzu kommen Erhöhungen von in der Regel mindestens 170 Euro im Monat. Das läuft oft auf ein Plus von rund acht Prozent hinaus. Ältere Beschäftigte in mittleren Berufsgruppen kommen laut Tabelle oft nur auf einen Zuwachs von 6,8 Prozent in zwei Jahren.

Die NRW-Kommunen sehen das Ergebnis mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Düsseldorf will den Abschluss "genau prüfen", heißt es sehr knapp auf Anfrage. Begeisterung klingt anders. Die Städte Köln und Duisburg erklären, sie würden es begrüßen, dass sie mit der Wirtschaft besser um qualifizierte Fachkräfte konkurrieren könnten. "Der Abschluss trägt dazu bei, dass das weitere Auseinanderdriften der Gehaltsentwicklungen zwischen Wirtschaft und Kommunen eingedämmt wird", sagt Kölns Stadtdirektor Stephan Keller (CDU). "Gute Arbeit, die hier auch geleistet wird, muss adäquat honoriert werden." Der Personaldezernent von Duisburg, Martin Murrack (SPD), sagt: "Die Stadt kann sich weiter als attraktiver Arbeitgeber präsentieren."

Gleichzeitig weisen Köln, Duisburg und Essen auf die hohen Kosten des Abschlusses hin: Auf die Stadt Köln kommen Mehrkosten von 38,4 Millionen Euro bis 2020 zu. Die Ausgaben seien aber schon weitgehend eingeplant, heißt es.

Die hoch verschuldete Stadt Duisburg ergänzt, sie gehe in diesem und im nächsten Jahr von Mehrkosten in Höhe von 5,2 Millionen Euro aus. Dies müsse nun ausgeglichen werden. Oberbürgermeister Sören Link (SPD): "Die Kompensation der Zusatzkosten stellt uns vor neue Herausforderungen, die es zu meisten gilt."

Essens Kämmerer Gerhard Grabenkamp (CDU) erklärt, die Stadt im Ruhrgebiet werde bis 2020 mehr als 42 Millionen Euro höhere Ausgaben haben. Deutlich weniger sei geplant gewesen. Man sei nur von einem Lohnplus von einem Prozent ausgegangen. Grabenkamp: "Als Haushaltssicherungskommune ist der Tarifabschluss für Essen ein schwerer Brocken." Er ergänzt: "Wir müssen intensiv darüber nachdenken, wie die Mehrbelastungen durch den Tarifabschluss kompensiert werden können." Positiv sei zu werten, dass die Stadt "durch die Laufzeit von 30 Monaten jetzt eine größere Planungssicherheit für den städtischen Haushalt erreicht" habe.

(RP)
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