Bonn/Seattle Telekom liebäugelt mit Fusion in den USA

Bonn/Seattle · Jenseits des Atlantiks macht der Konzern mehr Umsatz als in der Heimat. Hierzulande wird Internet-TV immer wichtiger.

Die Deutsche Telekom gibt sich offen, neue Optionen für ihren sehr erfolgreichen Ableger T-Mobile US zu prüfen. Dies erklärte gestern Vorstandschef Tim Höttges bei der Vorlage der Quartalszahlen. Er machte allerdings auch klar, dass er bei einer denkbaren Fusion von einer sehr hohen Bewertung von T-Mobile US ausgehen würde. Die Telekom habe in den vergangenen fünf Jahren inklusive der Planung für 2017 insgesamt 40 Milliarden Dollar (37 Milliarden Euro) investiert, auch dadurch sei in den USA die Kundenzahl auf mittlerweile 73 Millionen gestiegen - deutlich mehr, als die Telekom in Deutschland (42 Millionen Mobilfunkkunden) hat.

Auch beim Umsatz zeigt sich, wie wichtig der US-Markt für die Telekom ist: Jenseits des Atlantiks erlösten die Bonner in den ersten drei Monaten des Jahres neun Milliarden Euro, im Heimatmarkt 5,4 Milliarden Euro. Die Ableger in Europa spielen mit 2,8 Milliarden Euro ebenso eher eine Nebenrolle wie das Firmengeschäft von T-Systems mit 1,7 Milliarden Euro. Höttges machte denn auch klar, wie sehr ihn die Zukunft des USA-Geschäftes umtreibt: Der Wert des Ablegers habe sich seit 2013 auf Euro-Basis verfünffacht, der Börsenwert liegt jetzt bei 50 Milliarden Euro. Wenn es zu einer Fusion in den USA käme, ginge es aber nicht nur um Geld, sondern auch darum, "das Kundenerlebnis weiter zu verbessern", um Wachstum zu generieren - das deutet auf ein Zusammengehen mit einer Kabel-TV-Firma.

Wohin die Reise geht, zeigt das Deutschland-Geschäft: So berichtete Höttges, dass im Festnetzgeschäft rund drei Millionen Bürger das TV-Angebot "Entertain" nutzen - es soll vorrangig Kunden binden. Rund 100.000 Kunden haben im Mobilfunk die zuletzt gestartete Option "Stream-On" gewählt. Sie können Videos und TV-Inhalte ohne Anrechnung auf das Datenvolumen schauen. Festnetz/TV und Mobilfunk wachsen so also noch mehr zusammen - vielleicht ein Vorbild für den ganz großen Deal in den USA?

Die Telekom setzt weiter uneingeschränkt auf Expansion: Die Investitionen stiegen im Quartal um 14,6 Prozent auf 3,2 Milliarden Euro. Gerade die Aufrüstung des deutschen DSL-Netzes mit der Vectoring-Technik auf ein Übertragungstempo von bis zu 100 Megabit/Sekunde spielt eine große Rolle. Das operative Ergebnis der Bonner legte um 7,5 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zu. Nicht gut wirkt allerdings, dass der Überschuss nach Abzug aller Kosten von 3,1 Milliarden Euro auf nur noch 800 Millionen Euro abstürzte. Der Grund ist, dass es in 2016 einen tollen Sondergewinn durch einen Verkauf gab, der nun wegfiel.

(RP)
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