"Abkommen über Handelserleichterungen" Weltumspannendes WTO-Abkommen soll Milliarden einsparen

Genf · Das erste internationale Abkommen zur Handelserleichterung seit mehr als 20 Jahren ist in Kraft getreten und soll Milliarden einsparen. Die 164 Mitgliedstaaten der WTO verpflichten sich, den Warenverkehr über Grenzen hinweg erheblich zu erleichtern.

 Container werden im Hafen von Hamburg auf Güterzüge verladen (Archivbild).

Container werden im Hafen von Hamburg auf Güterzüge verladen (Archivbild).

Foto: dpa, chc fdt lof

Das "Abkommen über Handelserleichterungen" (TFA) soll die Bürokratie im Warenverkehr über Grenzen hinweg abbauen und den globalen Austausch von Gütern beschleunigen. "Eine fantastische Nachricht", sagte der Generaldirektor der Welthandelsorganisation (WTO), Roberto Azevêdo, am Mittwoch in Genf.

Das TFA ist - nach zahlreichen zwischenzeitlichen Rückschlägen - die erste wirklich multilaterale Vereinbarung in der 22-jährigen WTO-Geschichte. Indien hatte den 2013 auf der indonesischen Insel Bali ausgehandelten Deal 2014 fast platzen lassen, weil es seine Zustimmung zunächst an Ausnahmeregeln für Agrarsubventionen knüpfte. Die Regierung in Neu Delhi lenkte nach entsprechenden Kompromissen dann aber ein.

Nach Schätzungen der WTO profitieren vor allem Länder mit geringer und mittlerer Wirtschaftskraft von dem Abkommen. Sie sollen bis zu 21 Prozent ihrer bisherigen Handelskosten einsparen können - die Rede ist von einer Billion Dollar (946 Mrd Euro). Im Fall einer vollständigen Umsetzung trage das neue Regelwerk 2030 mehr als 0,5 Prozent pro Jahr zur Weltwirtschaftsleistung bei, so Azevêdo: "Dies ist die größte Reform des Welthandels in diesem Jahrhundert."

Der globale Handel wuchs nach Angaben der Weltbank im vergangenen Jahr nur um ein Prozent. Bei Dienstleistungen sei die Steigerung zwar vergleichsweise robust gewesen, aber der Handel mit Gütern habe sich im Vergleich zu 2015 sogar halbiert, hieß es in einer neuen Studie.

Hauptgrund seien politische Unsicherheiten in Europa und in den USA.
So sorgen sich viele Beobachter derzeit um die Folgen der von US-Präsident Donald Trump angekündigten wirtschaftlichen Abschottung mit möglicherweise hohen Importzöllen. In dem riskanter gewordenen Umfeld hielten sich Unternehmen mit Investitionen zurück.

Die 164 WTO-Mitgliedsländer sind nun verpflichtet, die Dokumentation für den grenzüberschreitenden Verkehr zu reduzieren, Vorschriften transparent zu machen sowie die nötige Infrastruktur und Zahl an Mitarbeitern für die Abwicklung eines zügigen Warenverkehrs sicherzustellen.

Das zentralafrikanische Ruanda etwa habe die Wartezeit von Lastwagen an seiner Grenze von elf Tagen 2010 auf heute 34 Stunden reduziert, berichtete die UN-Konferenz für Handel und Entwicklung (Unctad). Die Kosten für Importeure und Verbraucher seien damit pro Jahr um 6 Millionen Dollar gesunken.

Für das Inkrafttreten des Abkommens war die Ratifizierung durch mindestens zwei Drittel der WTO-Mitglieder nötig. Diese Marke wurde am Mittwoch mit der Überreichung der Ratifizierungsdokumente durch Vertreter des Tschad, aus Oman, Ruanda und Jordanien überschritten. Die EU hatte das Abkommen bereits 2015 ratifiziert.

Die 1995 gegründete WTO setzt sich für die Liberalisierung des Welthandels ein. Eines ihrer wichtigsten Instrumente ist die Streitschlichtung. Mitglieder können dort unfaire Handelspraktiken anzeigen. Schlichter weisen Klagen ab oder ordnen eine Änderung der beanstandeten Praxis an. Sie können auch Strafzölle erlauben.

Viele Ökonomen nehmen an, dass Staaten bei freiem Güteraustausch ihre Wohlfahrt erhöhen können. Gibt es Schranken wie Zölle ("tarifäre Hemmnisse") oder verschiedene ("nichttarifäre") Standards, müssen sie aus Sicht der liberalen Handelstheorie schrittweise abgebaut werden.

(isw/dpa)
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