Berlin Therapien sollen sicherer werden

Berlin · Barmer und Kassenärzte wollen Medikations-Wechselwirkungen verringern.

Wer bestimmte Blutverdünner und Schmerzmittel gleichzeitig schluckt, dem drohen innere Blutungen. "Nimmt eine Frau die Pille zur Verhütung und gleichzeitig Johanniskraut gegen Depressionen, kann sie ungewollt schwanger werden", sagt Mani Rafii, Vorstand der Barmer GEK. Gerade wenn im Alter eine ganze Reihe von Medikamenten eingenommen werden muss, steigen die Risiken von Polypharmazie. Die Barmer GEK und die Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe wollen Wechselwirkungen bei Patienten, die mindestens fünf Medikamente nehmen, nun stärker entgegenwirken.

Das gestern vorgestellte Projekt wird mit 16 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds gefördert. Dabei bekommt der Hausarzt digital von der Krankenkasse eine Liste der verordneten Arzneimittel und behandlungsrelevante Informationen über den Patienten zur Verfügung gestellt. "Wichtig ist, dass die Bereitstellung der Informationen nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten erfolgt", sagt Rafii. Künftig sollen Hausärzte zudem automatisch informiert werden, wenn es neu beschriebene Risiken von Medikamenten gibt oder der Patient in ein Krankenhaus eingeliefert wird. Das Projekt ist auf drei Jahre angelegt und soll Ende September 2019 abgeschlossen sein, umgesetzt wird es in Westfalen-Lippe. Ziel ist es, dass sich 85 Prozent der 440.000 von Polypharmazie betroffenen Barmer-Versicherten in das Projekt einschreiben. "Weniger unerwünschte Arzneimittelwirkungen, weniger Krankenhauseinweisungen, weniger Todesfälle. In erster Linie profitiert der Patient vom Projekt", sagt Thomas Müller von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe.

Dahinter steckt allerdings auch wirtschaftliches Interesse. Die Macher gehen davon aus, dass sich bei der Überführung in die Regelversorgung bei allen gesetzlichen Krankenkassen bis zu 20 Prozent einsparen ließen. Das wären bis zu 2,75 Milliarden Euro.

In Konkurrenz zum E-Health-Gesetz der Bundesregierung, nachdem ab 2018 der Medikationsplan der Patienten auch elektronisch von der Gesundheitskarte abrufbar sein soll, sehe man nicht, wie es bei der Vorstellung des Projekts hieß. "Wir schaffen damit erst den notwendigen Input dafür", sagt Rafii.

(lukra)
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