Düsseldorf ThyssenKrupp zahlt 73 000 Rentnern mehr Geld

Düsseldorf · Der Konzern setzt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes um und zahlt bislang einbehaltene Teile der Betriebsrente nach.

Der Industriekonzern ThyssenKrupp will die noch ausstehenden Betriebsrenten an 73 000 ehemalige Mitarbeiter noch im Laufe dieses Jahres vollständig auszahlen. Personalchef Oliver Burkhard sagte gestern auf Anfrage unserer Zeitung: "Mit den ab November beginnenden Nachzahlungen können wir einen Schlussstrich ziehen. Das ist für alle Beteiligten gut."

Zuvor hatte die WAZ berichtet, dass sich der Konzern im Streit um die noch ausstehenden Rentenzahlungen nach diversen juristischen Niederlagen - zuletzt auch vor dem Bundesarbeitsgericht - zur Nachzahlung der Renten entschlossen hat. Die Betroffenen können nach Angaben von ThyssenKrupp mit Nachzahlungen zwischen 200 und 4000 Euro rechnen. In der Summe nimmt der Konzern "einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag" in die Hand, wie eine Sprecherin sagte.

ThyssenKrupp hatte in den vergangenen Jahren einer Vielzahl von Betriebsrentnern - unter anderem in der wichtigen Stahlsparte - mit Verweis auf die angespannte wirtschaftliche Situation eine Anhebung der Zahlungen verweigert. Dagegen sind mehrere ehemalige Beschäftigte mit Erfolg juristisch vorgegangen. ThyssenKrupp will sich aktiv an alle betroffenen Rentner wenden. Dabei sollen auch Nachzahlungen an Betriebsrentner erfolgen, die keinen Widerspruch eingelegt oder geklagt hatten.

Laut Betriebsrenten-Gesetz sind die Unternehmen verpflichtet, alle drei Jahre eine mögliche Anpassung der Betriebsrenten zu prüfen. Diese Prüfpflicht gilt zum Beispiel auch für Direktzusagen. Laut Rechtsprechung muss die Betriebsrente so erhöht werden, dass ein Inflationsausgleich stattfindet. ThyssenKrupp argumentierte, das Gesetz erlaube den Unternehmen, die Anpassung in wirtschaftlich schwierigen Situationen auszusetzen und machte davon Gebrauch. Insgesamt zahlt ThyssenKrupp 127 000 Ex-Mitarbeitern eine Betriebsrente.

Auch der Bayer-Konzern hatte zum 1. Januar 2015 die Betriebsrenten von Ex-Mitarbeitern, die einen alten Vertrag haben, um 4,59 Prozent erhöht, um die Preissteigerung der vergangenen drei Jahre auszugleichen. Ähnlich verfährt Lanxess mit seinen 3000 und Henkel mit seinen 13 000 Betriebsrentnern.

Experten raten Betroffenen, die das Gefühl haben, ihr alter Arbeitgeber habe die Erhöhung "vergessen", nachzubohren. Oft reicht nach Erfahrung von Arbeitsrechtlern schon ein Brief an die Personalabteilung. Manchmal ist es auch nötig, einen Anwalt mit dem Schreiben des Briefes zu beauftragen, um Druck auszuüben. Allerdings gibt es auch viele Ausnahmen, die es Betrieben erlauben, vom Inflationsausgleich abzusehen.

Neuerdings dürfen es sich die Arbeitgeber auch einfacher machen. Statt alle drei Jahre zu prüfen und entsprechend anzupassen, dürfen sie die Betriebsrenten auch pauschal jedes Jahr um ein Prozent erhöhen. Diese Regel wendet Bayer für alle "Neuzusagen" an, ebenso verfährt neuerdings auch die Lufthansa.

(tor)
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