Düsseldorf Schwappt Insolvenz von Toys 'R' Us nach Europa?

Düsseldorf · Der Spielwarenhändler beantragt in den USA Gläubigerschutz. Die Gewerkschaft Verdi wirft dem Konzern eine Salami-Taktik vor.

Toys 'R' Us: Insolvenz der Spielwaren-Kette auch in Europa?
Foto: rtr, AH/ar/TB

Nahezu auf den Tag genau vor 30 Jahren eröffnete in einem wenig schmucken Gewerbegebiet an der Bundesstraße 9 in Koblenz ein riesiger Spielwarenladen mit knallbuntem Schriftzug: Toys 'R' Us, der Spielwaren-Supermarkt aus den USA, hatte in der Republik Fuß gefasst. Das Geschäftskonzept unterscheidet sich bis heute deutlich vom Altbewährten. Statt liebevoll ausgestellter Spielzeuge gibt es auf riesigen Verkaufsflächen (4200 Quadratmeter) mit Discounter-Ästhetik ein enormes Sortiment, gut ausgeleuchtet mit gleißend hellem Licht (1000 statt der gängigen 700 Lux). Das Gros der Filialen ist für die Hauptkundengruppe ohne Begleitung der Eltern nicht zu erreichen: Die Standorte liegen überwiegend außerhalb der Städte, dafür in unmittelbarer Nähe von Autobahnen oder Schnellstraßen mit ausreichend großen Parkplatzflächen.

Die hiesige Spielwarenindustrie reagierte 1987 entsetzt auf den US-Angreifer, versuchte mit Hilfe von Bauvorschriften und anderen Verwaltungstricks, dem Expansionsdrang einen Riegel vorzuschieben. Vergeblich. Toys 'R' Us gilt heute mit 66 Filialen in Deutschland als fest etabliert.

Für Verunsicherung dürften jedoch die gestrigen Nachrichten gesorgt haben, die aus den USA nach Europa herüberschwappten: Das im US-Bundesstaat New Jersey beheimatete Unternehmen meldete Gläubigerschutz an. Ein ähnlicher Schritt sei im benachbarten Kanada geplant, teilte der Konzern mit. Die in Köln beheimatete Geschäftsführung des deutschen Ablegers bemühte sich jedoch rasch, klarzustellen, dass der Betrieb der hiesigen Filialen weiterlaufe. "Entscheidend ist, dass die operativen Gesellschaften in Europa, Asien und Australien nicht Teil der derzeit in den USA und Kanada stattfindenden Restrukturierungsprozesse sind", teilte das Unternehmen mit. Sowohl die Märkte als auch die Online-Shops ständen den Kunden wie gewohnt zur Verfügung.

Die Gewerkschaft Verdi ist trotzdem alarmiert. "Wir trauen den Lippenbekenntnissen des Managements, dass die europäischen Standorte von den wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Konzerns nicht betroffen sind, nicht über den Weg", sagte der zuständige Verdi-Gewerkschaftssekretär Orhan Akman unserer Redaktion. "Die Salami-Taktik des Unternehmens kennen wir schon aus anderem Zusammenhang. Es würde mich nicht wundern, wenn Toys 'R' Us noch das Weihnachtsgeschäft abwartet, ehe es mit Hiobsbotschaften um die Ecke biegt." Es sei völlig unklar, ob das Unternehmen mit dem geplanten, gelenkten Konkurs in den USA die Kurve schaffe. "Wenn dem nicht so ist, dann sind auch die Standorte in Deutschland betroffen", sagte Akman.

Verdi liefert sich seit drei Jahren einen Dauerkonflikt mit dem Toys-'R'-Us-Management. Dabei versucht die Dienstleistungsgewerkschaft Tarifverträge für die Beschäftigten durchzusetzen. "Wir sehen da keinerlei Bewegung aufseiten der Geschäftsführung", erklärte Akman. Verdi hat ironischerweise ein ähnliches Problem bei genau dem Konzern, der verantwortlich für die Misere bei Toys 'R' Us ist: Amazon. Toys 'R' Us kämpft wie viele andere stationäre Händler mit der zunehmenden Konkurrenz durch die großen Online-Anbieter. Allein in diesem Jahr haben mehr als ein Dutzend amerikanische Ketten wie Payless, Gymboree oder Perfumania Gläubigerschutz beantragt. Kaufhaus-Ikonen wie Macy's, Sears, JC Penney's oder Kohl's ächzen schon lange unter dem Trend zum E-Commerce.

Bei Toys 'R' Us belaufen sich die Schulden nach Konzernangaben inzwischen auf rund fünf Milliarden Dollar (4,2 Milliarden Euro). Allein im letzten Quartal betrug der Verlust 164 Millionen Dollar, seit 2013 gab es keinen Jahresgewinn mehr.

Man hoffe, mit dem nun eröffneten Verfahren Spielraum für neue Investitionen zu bekommen, teilte das Unternehmen mit. Ziel sei es, die Schulden bei laufendem Betrieb zu senken - "zum Zweck der Rückkehr auf eine nachhaltige Erfolgsspur".

(maxi)
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