Athen Tsipras vor Schicksalsvotum

Athen · Am Wochenende will Griechenlands Premier wichtige Gesetze im Eilverfahren durchpeitschen.

Die griechische Regierung will ihre umstrittenen Renten- und Steuerpläne an diesem Wochenende im Eilverfahren durchs Parlament bringen. Auf die Griechen kommen neue Rentenkürzungen und Steuererhöhungen zu. Die Gewerkschaften reagieren mit den bisher massivsten Streiks seit Amtsantritt der Links-rechts-Regierung von Alexis Tsipras. Für den Premier wird die Abstimmung zu einer Zitterpartie: Es geht um den Bestand seiner Regierung.

Monatelang hat Griechenland mit den Geldgebern um das neue Spar- und Reformpaket gerungen, jetzt soll alles ganz schnell gehen: Heute bringt die Regierung ihren Gesetzentwurf ins Parlament, und schon morgen Abend sollen die Abgeordneten abschließend über das Paket abstimmen. Dass Ministerpräsident Tsipras es jetzt so eilig hat, hängt vor allem mit der für Montag geplanten Griechenland-Sondersitzung der Eurogruppe zusammen: Mit der Verabschiedung der Spargesetze hofft er, den Weg für eine schnelle Einigung mit den Gläubigern und die Auszahlung der nächsten Hilfskredit-Rate zu ebnen.

Zudem will Tsipras so die eigenen Reihen schließen. Denn je länger sich die Debatte über die geplanten Einschnitte hinzieht, desto größer wird die Unruhe in der Bevölkerung, aber auch in den beiden Regierungsparteien. Die Koalition verfügt nur über eine Mehrheit von 15 der 300 Mandate - kein bequemes Kissen für eine so kontroverse Abstimmung, zumal die Regierung nicht mit Unterstützung aus den Reihen der Opposition rechnen kann.

Mit einer breiten Protestwelle machen nun die Gewerkschaften zusätzlichen Druck. Ein dreitägiger Generalstreik lähmt seit gestern das Land. Alle öffentlichen Verkehrsmittel stehen still. Weil viele Menschen versuchten, mit ihren Autos zur Arbeit zu fahren, kam es zu riesigen Staus. Die Fährschiffe, die Griechenlands Inseln mit dem Festland verbinden, werden sogar bis Dienstag bestreikt. Inseln, die über keinen Flugplatz verfügen, sind für vier Tage von der Außenwelt abgeschnitten. Ministerien und Behörden bleiben geschlossen, der Schulunterricht fällt aus. Der Müll wird nicht abgeholt. In den Krankenhäusern gibt es nur einen Notdienst. Auch die Journalisten beteiligen sich an den Ausständen: Es gibt bis Sonntag keine Nachrichtensendungen im Radio und im Fernsehen, Zeitungen erscheinen nicht. Gestern veranstalteten die Gewerkschaften mehrere Protestkundgebungen in Athen. Weitere Demonstrationen sind für das Wochenende geplant.

In mühsamen Verhandlungen hat sich Griechenland in den vergangenen Wochen mit den Gläubigern auf die Eckpunkte des Sparpakets geeinigt: Durch Rentenkürzungen sollen 1,8 Milliarden Euro eingespart werden, weitere 1,8 Milliarden durch Steuererhöhungen in die Kasse kommen. Keine Einigkeit gibt es dagegen über die so genannten "Vorrats-Sparmaßnahmen", die Griechenland für den Fall beschließen soll, dass in den kommenden Jahren die Haushaltsvorgaben verfehlt werden.

(RP)
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