München Uber greift im Rheinland an

München · Der umstrittene Fahrdienstvermittler will sein Angebot angeblich auf Köln und Düsseldorf ausrollen - und gibt sich gleichzeitig demütig.

An Tag zwei der Münchner Digitalkonferenz DLD ging es ums Grundsätzliche: wie kann Europas Digitalwirtschaft der Vorherrschaft der USA begegnen? Lassen die großen Digitalkonzerne noch ausreichend Luft für andere? Und was macht eigentlich Uber?

Zunächst sorgte ein seltener Auftritt von drei deutschen Digital-Unternehmern für Spannung, deren Firmen zu den erfolgreichsten deutschen Gründungen zählen: Marc Samwer baute mit seinen beiden Brüdern die Startup-Schmiede Rocket Internet auf, Robert Gentz gründete die Mode-Plattform Zalando und Christopher Muhr den Online-Gebrauchtwagenhändler Auto1 ("Wirkaufendeinauto.de").

Die Dominanz der US-Techfirmen zwinge deutsche Firmen "uns auf unsere Themen, die uns ausmachen" zu konzentrieren, sagte Zalando-Gründer Robert Gentz. Für sein Unternehmen bedeute das "Fashion und Lifestyle." Die Berliner wollen künftig stärker den Markt für dekorative Kosmetik, beauty care, beackern, kündigte Gentz an.

Auch Christopher Muhr gab sich gelassen. "Unser stärkster Konkurrent sind wir selbst." Die Deutschen müssten sich stärker um Technologie und Software als um Handel kümmern. Auto1 ist mit 2,9 Milliarden Euro das wertvollste deutsche Startup. Unlängst hatte sich der Tech-Investor Softbank mit 460 Millionen Euro an der Firma beteiligt, die in 30 Ländern aktiv ist, mit 35.000 Gebrauchtwagenhändlern zusammenarbeitet und pro Monat 40.000 Autos über eigene Plattformen verkauft. "Unser Deutschland-Geschäft ist profitabel, aber uns geht es erst mal um Wachstum", sagt Muhr.

Marc Samwer, Serienunternehmer und Miteigentümer von "Rocket Internet", beobachtet mit Sorge, dass die Finanzierung für Unternehmen, die sich mit E-Commerce-Geschäftsmodellen in die Märkte von Amazon bewegen, schwerer wird. "Die Zurückhaltung der US-Investoren ist spürbar." Gentz forderte eine engere Verflechtung der europäischen Märkte, um auf die weltweit wachsenden US-Firmen zu reagieren.

Darauf ging kurz darauf die neue EU-Digitalkommissarin Mariya Gabriel bei ihrem ersten Auftritt auf einer deutschen Konferenz ein. Die EU werde "schneller agieren", versprach sie und kündigte eine Offensive bei den Themen Künstliche Intelligenz, Blockchain und Cybersicherheit an. Europa müsse schnell einen einheitlichen digitalen Markt errichten, aber die neue digitale Realität "produziere auch Ungerechtigkeiten und Konflikte", vor allem in der Arbeitswelt. "Wir werden die digitale Revolution nicht erfolgreich gestalten, wenn wir die politischen Fragen außer Acht lassen."

Das Politische war dann auch das große Thema bei der bestbesuchten Diskussion der Konferenz. Der neue Uber-Chef Dara Khosrowshahi beklagte im Interview mit "Bild"-Chefredakteurin Tanit Koch "gewisse Regulierungen, die in der nächsten Dekade keinen Sinn mehr machen". Damit spielte der Chef des Taxi-Konkurrenten auf arbeitsrechtliche Vorgaben für Chauffeure in Deutschland an. Er kündigte für 2018 den Start in weiteren deutschen Städten neben München und Berlin an. Wie am Rande der Konferenz zu erfahren war, gehören Düsseldorf und Köln dazu. Das Geschäft laufe weltweit "überraschend gut", sagte er. In den USA sei Uber der größte Essens-Lieferdienst. Noch nicht so gut laufe es "bei der Profitabilität", fügte er schmunzelnd hinzu. Die Schlagzeilen aus der Vergangenheit - von Affären, Fahreraufständen und sexueller Belästigung - will der neue Mann an der Uber-Spitze vergessen machen. "Wir haben uns auf eine Art und Weise verhalten, die falsch war. Wir starten neu. Dieses Mal richtig, auch wenn es länger dauert."

(RP)
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