Bonn/Essen Überteuerte Fernwärme: Innogy muss zahlen

Bonn/Essen · Fernwärmekunden in ganz Deutschland bekommen auf Druck des Kartellamtes von den Versorgern 55 Millionen Euro zurück. Allein Innogy muss an 32.000 Kunden zahlen. Fernwärme-Kunden seien besonders schutzwürdig, so das Amt.

Zehntausende Fernwärmekunden in Deutschland sind über Jahre von ihren Versorgern übers Ohr gehauen worden, allen voran von der RWE Energiedienstleistungen GmbH, die in der neuen Tochter Innogy aufgegangen ist. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Bundeskartellamtes. Auf Druck der Behörde müssen die Versorger den Kunden nun 55 Millionen Euro zurückzahlen. Das Kartellamt sprach gestern von "missbräuchlichen Preisüberhöhungen in den Jahren 2010 bis 2012" und teilte mit, dass die Versorger nun Erstattungszusagen abgegeben haben.

Allein Innogy hat sich verpflichtet, den Kunden 12,3 Millionen Euro zu erstatten. Hier seien 32.000 der rund 100.000 Fernwärmekunden betroffen, erklärte ein Innogy-Sprecher. Die Verbraucher würden das Geld in zwei Tranchen gut geschrieben bekommen, den ersten Teil gebe es in den kommenden Monaten, den zweiten Teil 2018. Warum Innogy das zu viel kassierte Geld nicht auf einen Streich erstattet, erklärte der Sprecher mit verfahrenstechnischen Gründen.

Laut Kartellamt wurden bei RWE/Innogy Kunden in diesen Fernwärmenetzen geschädigt: in Bensberg-Refrath, Dortmund-Schüren, Dortmund-Kirchlinde, Elmshorn, Hanhoopsfeld, Hochdahl, Langen-Oberlinden, Leverkusen-Steinbüchel, Mainz-Rodelberg, Marmstorf, Monheim, Moers-Kapellen, Rahlstedt-Meiendorfer Straße und -Ost, Schwalbach-Limes, Unna-Königsborn, Wuppertal-Hilgershöhe.

Daneben haben in anderen Regionen weitere Unternehmen teilweise überhöhte Preise von ihren Kunden verlangt und müssen diesen nun Geld zurückzahlen. Das sind laut Kartellamt die Bitterfelder Fernwärme, Danpower in München und Puchheim, EKT in Großenhain und die Wärmeversorgung Wolgast. Die Behörde stellte das Verfahren gegen Hansewerk (als Rechtsnachfolgerin der Eon Hanse Wärme) ein, da das Unternehmen in Hamburg zwischenzeitig die Preise gesenkt habe.

Die betroffenen Unternehmen waren dem Kartellamt bei einer umfangreichen Sektoruntersuchung aufgefallen, das Amt leitete daraufhin die Verfahren ein, die nun abgeschlossen wurden. "Für die betroffenen Verbraucher ist die Entlastung im Umfang von rund 55 Millionen Euro eine gute Nachricht", sagte Kartellamts-Präsident Andreas Mundt. Der Nachweis eines im kartellrechtlichen Sinne missbräuchlich überhöhten Preise sei im Fernwärmebereich ausgesprochen schwierig. "Gleichzeitig ist der Verbraucher hier allerdings in besonderem Maße schutzbedürftig. Er hat in der Regel keine Wechselmöglichkeiten zu einem anderen Fernwärmeversorger." Selbst die Umstellung auf eine andere Heizenergieform ist - wenn überhaupt - nur in längeren zeitlichen Abständen und nicht ohne größeren finanziellen Aufwand möglich, gab Mundt zu bedenken. Die Kartellhüter sprechen bei der Fernwärme auch von "gefangenen Kunden", um deren Schutz sie sich daher besonders kümmern. Die Untersuchung sagt nichts darüber aus, ob die aktuellen Preise angemessen oder überhöht sind. "Wir beobachten die Branche weiter", erklärte der Sprecher des Kartellamtes.

Auch bei der Grundversorgung mit Strom und Gas gibt es große Preisunterschiede in Deutschland. Anlass für eine Kartelluntersuchung sieht die Behörde hier jedoch nicht. Anders als bei der Fernwärme sei der Wechsel des Anbieters bei Strom und Gas einfach möglich. Seit der Liberalisierung des Strommarktes haben laut Branchenverband BDEW 42 Prozent der Haushalte schon mal den Stromanbieter gewechselt und 32 Prozent den Gasanbieter. Hier haben es die Kunden selbst in der Hand, gegen überhöhte Preise vorzugehen und zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln.

(anh)
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