Frankfurt Banken kämpfen noch Jahre mit Mini-Zinsen

Frankfurt · Unter massivem Stress würden 68 kleine Banken umkippen, ergab eine Umfrage von Bundesbank und Finanzaufsicht. Fast die Hälfte aller Institute kann sich eine Fusion in den nächsten fünf Jahren vorstellen.

Die kleineren und mittleren Kreditinstitute in Deutschland ächzen weiter unter den niedrigen Zinsen. Laut einer Umfrage der Deutschen Bundesbank und der Finanzaufsicht Bafin unter 1555 Instituten rechnen diese damit, dass ihre Vorsteuergewinne 2021 um neun Prozent unter dem Wert des Jahres 2016 liegen werden. Weil die Bilanzsumme aber wieder wächst, dürfte damit die Gesamtrentabilität sogar um 16 Prozent sinken. Bei der Umfrage vor zwei Jahren hatten die Banken noch mit einem Rückgang um ein Viertel bis 2019 gerechnet.

"Wir machen uns anhaltend Sorgen, weil die Ertragslage strukturell nach unten geht", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. Noch seien die Banken widerstandsfähig, aber die Ertragslage müsste verbessert werden. Die meisten der befragten Banken würden einen Zinsschock zwar verkraften - bis auf 68 Geldhäuser. Auch wenn sie stille Reserven in Anspruch nähmen, könnten sie die Kapitalanforderungen nicht erfüllen. Namen nannte Raimund Röseler, Bafin-Vorstand für Bankenaufsicht, nicht. Aber: Nirgendwo sei ein flächendeckendes Problem des deutschen Bankensektors zu erkennen. Die Institute sind aber wegen der anhaltend scharfen Wettbewerbs fusionswilliger als noch vor zwei Jahren: Jedes zehnte Haus befinde sich schon in Fusionsgesprächen, fast die Hälfte aller Banken kann sich eine Fusion in den nächsten fünf Jahren vorstellen - die meisten sehen sich aber eher in der Rolle des Übernehmers. Fusionen müssten jedoch nachhaltig sein, mahnte Bundesbank-Vorstand Dombret, sie seien kein Allheilmittel.

Die Deutsche Kreditwirtschaft, die Interessenvertretung der Bankenverbände, ist zufrieden: "Die Ergebnisse belegen, dass die Institute die letzten Jahre genutzt haben, um ihre Eigenkapitalausstattung weiter zu stärken." Die von der deutschen Aufsicht durchgeführten Stresstests verdeutlichten, dass die einbezogenen Institute gut für theoretisch mögliche Stresssituationen gewappnet seien. Die 1555 Banken stehen für 88 Prozent der deutschen Geldhäuser und 41 Prozent der Bilanzsumme.

Auch Bundesbank-Vorstand Dombret erkennt an, dass die Kreditinstitute allmählich gegensteuern. Das Geschäft der Banken sei vorwiegend zinsbasiert. Wenn sie mittel- bis langfristig unabhängiger vom Zinsergebnis würden, dann sei das zwar positiv, müsse aber sorgfältig vorbereitet werden. Viele Banken versuchen das derzeit etwa über die Einführung oder Anhebung von Gebühren. "Das reicht aber nicht", mahnte Dombret. "Für eine Kehrtwende sind größere Anstrengungen erforderlich." Dass die Banken Gebühren erheben, hält Bafin-Vorstand Röseler für nachvollziehbar. Neben den Kosten müssten sie auch auf risikogerechte Preise achten. Den Strafzins der Europäischen Zentralbank (EZB) geben die Institute jedoch bis auf wenige Ausnahmen nicht an Privatkunden weiter.

Erstmals haben die Aufseher auch die Wohnimmobilien in ihre Umfrage einbezogen. Das Ergebnis: Die Banken vergeben in den Zeiten niedriger Zinsen mehr Immobilienkredite, sie gehen auch etwas mehr Risiko dabei ein. Doch sehen die Aufseher noch keine Anzeichen für gefährliche Übertreibungen. Das gelte auch für die Preise: "Wir sehen aktuell keine Immobilienpreisblase, die uns Sorgen bereiten müsste", sagte Dombret. Die Kreditinstitute hätten Rückenwind wegen der guten konjunkturellen Entwicklung, auch global. Die Aufseher sehen auch weitere grundsätzliche Risiken, die sie in ihrer Umfrage, die nach 2013 und 2015 nun zum dritten Mal erhoben wurde, nicht einbezogen hätten. Dombret nannte etwa die Unklarheiten wegen des Brexit, geopolitische Risiken und den zunehmenden Protektionismus.

(RP)
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