Angeblich 3100 Tote durch deutsche Kohlekraftwerke Umweltbundesamt und Versorger zweifeln Daten an

Düsseldorf · Von den bundesweit zehn schädlichsten Kohlekraftwerken steht einer Studie zufolge die Hälfte in NRW. Besonders große Belastungen gehen vom Rheinland aus. Das Umweltbundesamt und der Versorger RWE zweifeln die Daten an.

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Einer neuen Studie zufolge verursachen die mikroskopisch kleinen Feinstaubpartikel aus deutschen Kohlekraftwerken etwa 3100 vorzeitige Todesfälle pro Jahr. Allein das RWE-Kraftwerk Niederaußem in Bergheim war demnach im Jahr 2010 für 269 Tote verantwortlich. Niederaußem ist das zweitgrößte deutsche Braunkohlekraftwerk. Bei der Verstromung von Braunkohle entsteht besonders viel Feinstaub. Die Studie der Universität Stuttgart im Auftrag von Greenpeace hat die gesundheitlichen Auswirkungen der 67 größten deutschen Kohlekraftwerke untersucht.

Das Umweltbundesamt stellte die Zahlen am Mittwoch infrage. Zwar könnten bestimmte Krankheiten Kraftwerken zugeordnet werden, nicht aber ohne weiteres einzelne Todesfälle. Vier der zehn Kraftwerke mit dem bundesweit höchsten Feinstaub-Ausstoß stehen der Studie zufolge im Rheinland, ein weiteres steht in Gelsenkirchen. Der Feinstaub, der sich in der Luft aus giftigen Kraftwerks-Emissionen wie Schwefeldioxid, Stickoxiden und Ruß bildet, dringt beim Einatmen tief ein und kann Atemwegserkrankungen wie Asthma, aber auch Herzinfarkte und Krebs verursachen.

Der Essener Energiekonzern RWE, der die vier in der Studie besonders kritisierten rheinischen Braunkohlekraftwerke Niederaußem, Frimmersdorf, Neurath (beide in Grevenbroich) und Weisweiler (Eschweiler) betreibt, erklärt die Ergebnisse der Studie mit einem "ideologischen Feldzug von Greenpeace gegen die Kohle", wie ein Sprecher sagte. Durch Millionen-Investitionen etwa in neue Filter habe der Konzern die Emissionen in den vergangenen 20 Jahren halbiert. Der Anteil von Feinstaub aus allen europäischen Kohlekraftwerken betrage nur fünf Prozent der von Menschen hervorgerufenen Feinstaubemissionen. Andere Feinstaubquellen wie der Straßenverkehr oder Wohnraumheizungen spielten eine größere Rolle.

Ein Greenpeace-Sprecher erklärte, warum Braunkohlekraftwerke besonders hohe Emissionen haben: "Braunkohle besteht zur Hälfte aus Wasser. Deshalb müssen besonders große Mengen verbrannt werden, wenn daraus Strom erzeugt werden soll." Das rheinische Braunkohle-Revier in der Kölner Bucht ist das größte Europas. Deshalb wurden dort besonders viele Braunkohlekraftwerke gebaut.

Reiner Priggen, Fraktionschef der Grünen im Landtag, hält die Greenpeace-Forderung nach einem Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung bis 2030 für "illusorisch". "Dann müsste das Land hohe Entschädigungen an die Betreiber zahlen. Dafür ist kein Geld da", sagte Priggen. Der Grünen-Politiker hält 2045 für ein realistisches Ausstiegs-Datum. Das NRW-Wirtschaftsministerium wollte sich am Mittwoch nicht zu der Studie äußern. Hendrik Wüst, Wirtschaftsexperte der CDU, kritisierte, Greenpeace verbreite "unnötigen Alarmismus".

(RP/felt/csi)
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