Mailand/München Unicredit streicht 1500 Jobs in Deutschland

Mailand/München · Weltweit baut die Bank bis Ende 2019 rund 14.000 Stellen ab, auch bei der Tochter Hypovereinsbank. Die Unicredit steckt wie viele italienische Banken in einer tiefen Krise. Und die neuen Spielregeln der EU erschweren die Rettung.

Mailand/München: Unicredit streicht 1500 Jobs in Deutschland
Foto: Weber

Die angeschlagene Großbank Unicredit versucht sich mit Stellenstreichungen zu retten. Bis 2019 sollen weltweit 14.000 der 144.000 Arbeitsplätze wegfallen, 6.500 Stellen mehr als bisher erwartet. Auch die deutsche Tochter Hypovereinsbank (HVB) ist von den Einsparungen betroffen: In den nächsten drei Jahren werden 1500 der noch 15.000 Arbeitsplätze gestrichen, wie Unicredit-Chef Jean-Pierre Mustier erklärte.

Die Ankündigung der Mutter sei überraschend gewesen, hieß es in HVB-Kreisen. Wie viele Stellen in den einzelnen Bundesländern wegfallen werden, wisse man noch nicht. Klar sei nur: Streichungen wird es größtenteils in der Hauptverwaltung in München geben. Dabei sollen Stellen vor allem in den Bereichen Personal, Firmenkunden und Investmentbanking gestrichen werden. Das Privatkundengeschäft bleibt hingegen bis 2019 verschont.

Die HVB hat bereits einige Sparrunden hinter sich und Filialen geschlossen. Die Bank hat ihr Filialnetz bereits um fast die Hälfte eingedampft, in Nordrhein-Westfalen gibt es aktuell nur noch fünf Filialen. Weitere Filialschließungen in Deutschland seien, anders als in Italien, nicht geplant, betonte der Franzose. Verdi reagierte verärgert über die neuen Pläne. Das Vorpreschen Mustiers überschatte die schon laufenden Gespräche.

Die Unicredit leidet wie keine ander Großbank in Italien unter faulen Krediten. Diese drohen auszufallen, weil die Schuldner nicht mehr solvent sind. Mit einer 13 Milliarden Euro schweren Kapitalerhöhung, der größten in der Geschichte Italiens, will Mustier nun die Löcher in der Bilanz stopfen. "Wir haben mutige Schritte unternommen, weil Selbsthilfe immer das Beste ist, was man tun kann", sagte Mustier. Sein Plan basiere darauf, dass das Institut eigenständig bleibe. 2019 soll die Bank wieder 4,7 Milliarden Euro Gewinn machen. Die Anleger trauen es ihr zu: Die Aktie legte zeitweise um 16 Prozent zu. Die Unicredit ist nicht die einzige italienische Bank, die tief in der Krise steckt. Die Gründe sind vielfältig.

Faule Kredite Italiens Wirtschaft gilt als chronisch wachstumsschwach und dümpelt nach langer Rezession vor sich hin. Als Folge der Krise haben die Banken faule Kredite in Höhe von 356 Milliarden Euro angehäuft. Viele dieser Kredite wurden an Firmen vergeben. Der Präsident des ZEW-Instituts, Achim Wambach, hält die Lage der Finanzbranche für durchaus gefährlich und spricht von "durchaus beachtlichen wirtschaftlichen Risiken".

Hoher Kapitalbedarf Die vielen faulen Kredite machen es nötig, dass die ohnehin wenig rentabel arbeitenden Geldhäuser mehr Kapital als Puffer vorhalten müssen. Die Institute in Italien brauchen Schätzungen zufolge 20 bis 40 Milliarden Euro an Kapital, um die Bilanz zu bereinigen und den Abbau fauler Kredite zu finanzieren. Ihr Filialnetz ist im europäischen Vergleich überaus eng geknüpft, was zusätzliche Kosten verursacht. Deshalb baut Unicredit nun massiv ab.

Politische Unsicherheit Regierungschef Matteo Renzi ist nach seiner Niederlage beim Verfassungsreferendum zurückgetreten. Obwohl mit Paolo Gentiloni rasch ein reformorientierter Nachfolger gefunden wurde, gibt es weiter die Furcht, dass bei Neuwahlen europa-skeptische Populisten Oberwasser erhalten könnten. In diesem Klima der Unsicherheit ist es für die Banken schwierig, das Vertrauen der Investoren für Kapitalerhöhungen zu finden. Insbesondere die Monte dei Paschi di Siena (MPS) bekommt die Zurückhaltung zu spüren.

Druck der EZB Die Monte dei Paschi muss bis zum Jahresende fünf Milliarden Euro bei Anlegern einsammeln. Experten sind aber skeptisch, dass dies gelingt. Eine Fristverlängerung lehnen die Bankenaufseher von der Europäischen zentralbank (EZB) ab. Zudem muss die Monte dei Paschi ihre faulen Kredite bis 2018 um 40 Prozent auf 14,6 Milliarden Euro abbauen.

Unicredit will die dünne Kapitaldecke mit 13 Milliarden Euro aufpolstern, doch nicht sofort: Das Manöver soll bis Juni 2017 umgesetzt sein. Just für jenen Monat erwartet Renzi Neuwahlen. Zuvor will die Mutter der Münchner HypoVereinsbank noch mit ihrer Fondssparte Pioneer Kasse machen: Der 3,5 Milliarden Euro schwere Verkauf an die französische Amundi soll 2017 über die Bühne gehen.

Neue Spielregeln Italiens Bankenrettungsfonds Atlante wurde im April ins Leben gerufen worden. Der Fonds ist allerdings noch im Aufbau. Zudem gibt es neue Spielregeln für die Rettung von Banken durch den Staat: Erst einmal sollen Eigentümer und Gläubiger für Verluste der Bank haften, bevor der Steuerzahler um Hilfe gebeten werden kann. Bei der Monte dei Paschi, der ältesten Bank der Welt, müssten auch Zehntausende Kleinanleger, die Miteigentümer der Bank sind, für deren Verluste geradestehen. Das will die Politik unbedingt vermeiden, um vor den Neuwahlen nicht den Zorn der Wähler auf sich zu ziehen.

(RP)
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