Streit um Finanzen "20.000 Klinik-Jobs in Gefahr"

Düsseldorf (RP). Die deutschen Krankenhäuser wollen 6,7 Milliarden Euro mehr. Die Kassen finden: 2,3 zusätzliche Milliarden sind genug. Auch Experten fordern, lieber schlechte Kliniken zu schließen und das vorhandene Geld besser zu verteilen.

So schlecht steht es um deutsche Krankenhäuser
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Foto: ddp

Die Krankenhäuser rufen um Hilfe. "Sie helfen 24 Stunden am Tag. Jetzt brauchen die Krankenhäuser Hilfe", hieß es gestern in herzerweichenden Zeitungsanzeigen. Ein Drittel der 2100 deutschen Krankenhäuser sei gefährdet.

"In den Kliniken droht eine Entlassungswelle, wenn nicht noch im Herbst finanzielle Hilfen verabschiedet werden", warnte Georg Baum, Chef der Deutschen Krankenhaus-Gesellschaft. Mehr als 20.000 Arbeitsplätze seien bundesweit bedroht.

Der Grund: 2009 stiegen die Ausgaben wegen der Lohnerhöhung für Ärzte und Pflegepersonal sowie steigender Sachkosten um 6,7 Milliarden Euro. Das Geld wollen die Kliniken zusätzlich haben. Und zwar von Krankenkassen und Ländern. Die Kassen sind für die Finanzierung der laufenden Kosten zuständig, die Länder für Investitionen.

Die Krankenkassen wiesen die Forderung zurück. Für 2009 zahlen sie den Kliniken bereits 2,3 Milliarden Euro zusätzlich. Würde zudem die Krankenhaus-Reform von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt verabschiedet, kämen weitere 1,7 Milliarden hinzu.

Doch über die Reform sind Bund und Länder zerstritten. Für heute hat Ulla Schmidt zu einem Treffen eingeladen. Die CDU-Gesundheitsminister, darunter auch NRW-Minister Karl-Josef Laumann, wollen aber nicht kommen. Sie sehen sich durch Schmidt erpresst: Schmidt will nur dann mehr Geld geben, wenn die Länder dem Bund mehr Geld überweisen.

Experte: Zehn Prozent der Krankenhäuser überflüssig

Die Wissenschaft hält das Klagelied der Krankenhäuser für maßlos übertrieben. "Zehn Prozent sind ohnehin künftig überflüssig, 30 Prozent der Betten zu viel", sagte Sebastian Krolop, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Admed, die mit dem Forschungsinstitut RWI zusammenarbeitet.

Zwar gebe es wegen der Alterung der Gesellschaft nicht weniger Patienten, doch die durchschnittliche Verweildauer von heute acht Tagen werde weiter sinken. Zudem könnten gerade in Städten Kliniken zusammengelegt werden und Verwaltungskosten gespart werden.

Auf dem Land seien Klinik-Schließungen eher ein Problem. Aber: "Für einen Herzinfarkt-Patienten ist ein spezialisiertes Haus in 60 Kilometer Entfernung besser als ein unerfahrenes in der Nähe", so Krolop. Wer nach Geld rufe, behandele nur Symptome. "Wir müssen aber Strukturen verändern", so Krolop.

Die gesamte Finanzierung ist verkorkst. Die Kassen zahlen die laufenden Kosten zwar nicht mehr nach Liegezeiten, sondern nach Fallpauschalen. Doch eine Klinik in Rheinland-Pfalz bekommt 2080 Euro für eine Blinddarm-Operation, in NRW gibt es nur 1900 Euro.

Und die Länder, hier gibt Krolop den Kliniken recht, geben zu wenig Geld für die Investition in Bauten und Geräte der erhaltenswerten Häuser. In NRW liege der Investitionsstau bei acht bis neun Milliarden Euro.

(RPMANTEL)
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