BDI kritisiert Regierung "2014 war ein verlorenes Jahr"

Berlin · Industrie-Präsident Ulrich Grillo sieht ein verlorenes erstes Regierungsjahr der großen Koalition. "Ich hätte mir mehr erhofft. Das erste Jahr war verschenkt, da wurde viel Geld wenig zukunftsgerichtet ausgegeben", sagte der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) in einem Interview.

Industrie-Präsident Ulrich Grillo.

Industrie-Präsident Ulrich Grillo.

Foto: afp, agz

Auch der CDU-Wirtschaftsrat zeigte sich höchst unzufrieden. Der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Dennis Snower, warf der Regierung vor, mit ihren Rentenreformen und dem Mindestlohn Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi wies die Vorwürfe zurück. "Ich bin das ewige, immer gleiche Lamento der Wirtschaftsvertreter allmählich leid. Selten waren die Voraussetzungen für die hiesige Industrie so rosig wie im Augenblick", sagte Fahimi der Deutschen Presse-Agentur.

Von verantwortungsbewussten Arbeitgebern erwarte sie, dass diese sich endlich an der Verbesserung Deutschlands beteiligten. "Dazu gehören mehr Arbeitsplätze, bessere Tarifbindungen und endlich wieder mehr private Investitionen in Anlagen und Fortbildung. Deutschland muss besser werden, nicht billiger", forderte die Sozialdemokratin.

Grillo, Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), sieht das aber gänzlich anders. Wenn Deutschland nicht aufpasse, "haben wir in fünf bis zehn Jahren unsere Wettbewerbsfähigkeit wieder eingebüßt".

Wohlstand und Wachstum seien keine Selbstläufer. Angesichts der Rekordbeschäftigung von 43 Millionen Menschen sei die Gefahr groß, dass sich alle in der Politik zurücklehnten. "Ich warne vor Selbstzufriedenheit." Nur den Koalitionsvertrag abzuarbeiten, sei zu wenig, warf er den Regierungsparteien CDU, CSU und SPD vor. "Der Kurs für 2015 muss lauten: Mehr investieren, weniger umverteilen."

Das verlangte auch der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger. "2015 muss besser werden", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Wir dürfen uns nicht mit vordergründiger Sozialromantik aufhalten." Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU)
solle endlich seine Konzentration von der Pkw-Maut auf Zukunftsprojekte lenken und sich um die digitale Agenda kümmern. "Die Maut allein reicht auch nicht aus, Straßen, Brücken und Schleusen wie nötig zu sanieren."

Der Wirtschaftsforscher Snower gab zwar zu, dass die Rente mit 63 und die Mütterrente positive Effekte auf den Konsum gehabt hätten, weil sie die Kaufkraft stärkten. "Dennoch sind das falsche Signale, und Signale sind sehr wichtig", sagte er der dpa. Frühere Reformen wie Hartz IV hätten die Wirtschaft zum Brummen gebracht. "Aber der jetzige Kurs geht in die entgegengesetzte Richtung."

(dpa)
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