Deutsche Bahn 3.787.237 Minuten Verspätung im Fernverkehr

Hannover/Berlin · Bei der Deutschen Bahn haben einem Bericht zufolge die Verspätungen im Fernverkehr in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen – auf einen neuen Rekordwert. Und auch im laufenden Jahr ist die Bilanz alles andere als befriedigend.

Verspätung wegen Bahnstreik: Das sind Ihre Rechte
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Foto: dpa, rwe htf

Bei der Deutschen Bahn haben einem Bericht zufolge die Verspätungen im Fernverkehr in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen — auf einen neuen Rekordwert. Und auch im laufenden Jahr ist die Bilanz alles andere als befriedigend.

Unter den Lokführerstreiks hat die Pünktlichkeit der Bahn vor allem im Fernverkehr schwer gelitten. Im diesem Herbst kam etwa jeder dritte Fernzug verspätet ans Ziel. Der Anteil unpünktlicher ICE und Intercitys ist seit Jahresbeginn deutlich gestiegen, wie aus der jüngsten Statistik der Deutschen Bahn hervorgeht. Auch Bauarbeiten trugen nach Angaben des Unternehmens zu den schlechteren Werten bei.

Noch im Januar lag die Quote pünktlicher Fernzüge bei 85,5 Prozent. Sie ging dann fast in jedem Monat zurück bis auf 71,7 Prozent im Juli. Im September waren es dann 66,4 Prozent und im Oktober 68,4 Prozent. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hatte im Tarifkonflikt mit der Bahn seit Anfang September sechsmal zu bundesweiten Streiks aufgerufen.

Verspätungen nahmen im Verlauf der letzten zehn Jahre zu

Die Verspätungen der Züge bei der Deutschen Bahn haben auch in den vergangenen zehn Jahren deutlich zugenommen. Im Fernverkehr stieg die Zahl der Verspätungsminuten von 2004 bis 2013 um rund 30 Prozent, wie aus einer Antwort der Regierung auf eine Anfrage der Linken hervorgeht. Im Nahverkehr nahmen die Verspätungen in diesem Zeitraum dagegen deutlich ab. Die Bahn verwies auf Unwetter und Naturkatastrophen.

Die Linken-Bundestagsfraktion hatte die Regierung nach einer Bilanz der Bahn-Reform seit 1994 gefragt, in seiner Antwort stützt sich Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf Zahlen der Bahn. Demnach werden die Verspätungsminuten erst seit 2004 erfasst. Im Fernverkehr häufte die Bahn 2004 rund 2,9 Millionen Verspätungsminuten an, im vergangenen Jahr knapp 3,8 Millionen. Das war der höchste Stand seit 2010, dem Jahr des Chaos-Winters, als Schnee, Eis und tiefe Temperaturen der Bahn massiv zugesetzt hatten.

Die Bahn erklärte, die Pünktlichkeitswerte im Fernverkehr seien über die Jahre "stabil". Lediglich im Extremwinter 2010 und durch das Elbe-Hochwasser 2013 seien sie deutlich gesunken. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg sagte AFP, "gegen mutwillige Eingriffe in den Bahnverkehr, Personen im Gleis, extreme Witterung oder Streiks können wir nur bedingt etwas tun. Auch mit der extrem hohen Verkehrsbelastung der Schienenwege auf den Hauptkorridoren und den Engpässen müssen wir weiterhin umgehen." Die Bahn werde sich aber weiterhin "intensiv anstrengen", pünktlicher und zuverlässiger zu werden.

Im Nahverkehr dagegen verbesserte die Bahn ihre Pünktlichkeit laut Regierungsantwort: Häufte sie 2004 noch 15,3 Millionen Verspätungsminuten an, waren es 2013 etwas über zwölf Millionen. Auch im Nahverkehr hebt sich das Jahr 2010 negativ hervor: mit 14,5 Millionen Verspätungsminuten. 2011 und 2012 waren die Werte wieder viel besser.

Am meisten betroffen von Verspätungen sind laut Auflistung die Strecken Hamburg - Hannover, Bremen - Hamburg und Hannover - Bremen. Die Verbindung zwischen Köln und Duisburg steht an fünfter Stelle, an zehnter Stelle folgen die S-Bahn in Berlin und die Verbindung zwischen München und Rosenheim.

Pünktlich heißt bei der Bahn, dass ein Zug weniger als sechs Minuten Verspätung hat. Seit September 2011 veröffentlicht das Unternehmen die Werte in Prozent auch monatlich im Internet. Ziel im Fernverkehr ist ein Pünktlichkeitswert von über 80 Prozent und im gesamten Personenverkehr von über 93 Prozent.

Die Linken-Bundestagsfraktion wollte auch wissen, warum die Bahn erst Verspätungen ab fünf Minuten und 59 Sekunden als Verspätungen zählt. In der Schweiz würden bereits drei Minuten, in Japan sogar eine Minute Verzögerung als Verspätung gelten. Laut Regierung wird das deutsche Schienennetz von Personen- und Güterverkehrszügen gleichzeitig genutzt - das sei in Japan nicht der Fall. Im Gegensatz zur Schweiz gebe es hierzulande zahlreiche "langlaufende Verkehre", die zudem viele Knotenpunkte (Bahnhöfe) mit begrenzten Kapazitäten durchfahren.

Sabine Leidig, verkehrspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, kritisierte, seit 2010 sei bei der Pünktlichkeit der Bahn "keine Wende zum Besseren feststellbar - im Gegenteil". Statt Kapazitätsausbau und Engpassbeseitigung würden einzelne Projekte wie Stuttgart 21 und neue Hochgeschwindigkeitsstrecken durchgesetzt.

(AFP)
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