Pilotenstreik führt zu langen Wartezeiten "Aber wir Passagiere können doch nichts dafür"

Frankfurt /Main (RPO). Für viele Fluggäste wurde der erste Tag des Pilotenstreiks bei der Lufthansa zum Ärgernis. Hunderte Flüge wurden annuliert, Tausende Passagiere waren betroffen. Vor allem Durchreisende mussten am größten deutschen Luftdrehkreuz zum Teil viele Stunden auf Anschlussflüge warten.

Lufthansa-Streik: der erste Tag
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Eine Reisegruppe aus Rheinland-Pfalz hat gerade erfahren, dass ihr Flug nach Israel gestrichen wurde. Sie wurden umgebucht auf eine Verbindung der Lufthansa-Tochter Austrian Airlines - die fliegt allerdings erst am Nachmittag.

Noch sind sie guter Dinge: "Die Lufthansa kommt uns sehr entgegen", sagt Edeltrud Maus. Jeder in der Gruppe habe Essens-Gutscheine bekommen. "Ob der Streik gerechtfertigt ist, kann ich nicht einschätzen, wenigstens machen sie es jetzt im Februar und nicht während der Haupt-Urlaubssaison."

Am frühen Morgen wirkt alles noch sehr ruhig auf dem Frankfurter Flughafen. Aber mit jeder Stunde werden die Warteschlangen an den Schaltern länger. Auf der großen Anzeige-Tafel mit den Abflügen schlägt die Nachricht den Reisenden entgegen: Annulliert, Annulliert, Annulliert. Etwa zwei Drittel aller Lufthansa-Flüge vom Frankfurter Flughafen fallen aus.

Anschlussflug fällt aus, Zug ist ausgebucht

Albert Carles und seine Frau wissen noch nicht, wie es weitergeht. Und die beiden Franzosen sind sauer. Nach einem 14-stündigen Flug aus Vietnam haben sie gerade erfahren, dass ihr Anschluss-Flug nach Marseille ausfällt. Der Zug über Paris sei ausgebucht, wurde ihnen gesagt. "Wir haben nichts gegessen und nichts getrunken", klagt Carles. Er ist mit dem Krisenmanagement der deutschen Airline nicht zufrieden: "Es gibt keine Informationen, wir werden ganz uns selbst überlassen."

Norbert Schilke und Bernhard Schwarz haben Glück gehabt. Die beiden Geschäftsreisenden sind auf dem Weg nach Warschau, und ihre Maschine gehört zu den wenigen, die heute fahrplangemäß starten sollen. Für den Streik haben sie trotzdem kein Verständnis.

"Die Piloten gehören sicher nicht zu den Geringverdienern", sagt Schwarz. Wegen deren Forderungen möglicherweise in Warschau festzuhängen, darüber will er lieber gar nicht nachdenken. "Die können das doch auch anderes machen", sagt Schilke. "Heute ging das mit der Abfertigung ja noch ganz zügig, aber wenn die weiter streiken, gibt das hier noch das reinste Chaos".

Kundgebung statt Liniendienst

Während es vor den Schaltern in den Abfertigungshallen immer voller wird, ist auf dem Rollfeld immer weniger los. Starts im Minutentakt gibt es in Frankfurt vorerst nicht. Die Piloten der am Boden verbleibenden Maschinen haben sich neben dem Hauptgebäude des Flughafens versammelt. Einige halten Plakate hoch: "Stopp dem Ausverkauf", "Wo Lufthansa drauf steht, muss Lufthansa drin sein" - gemeint ist die befürchtete Verlagerung von gut bezahlten Arbeitsplätzen in billigere Tochtergesellschaften.

Vom Tor 21 des Flughafengeländes ziehen einige Hundert Piloten in Uniform zum "Lufthansa Aviation Center", in dem Teile der Verwaltung untergebracht sind, und halten dort eine Kundgebung ab. "Für die Passagiere tut es uns natürlich leid, aber wir müssen uns wehren, wir haben keine andere Chance", sagt Jörg Handwerg als Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit. Die Forderungen der Konzernspitze seien unerfüllbar. Im schlimmsten Fall könne der Arbeitskampf daher sogar über die zunächst geplanten vier Tage hinausgehen: "Wir werden streiken, bis die Lufthansa sich bewegt."

Warten in der Schlange für Umbuchungen

Vannessa Zappella ist gerade mit einem Flieger aus Taiwan in Frankfurt gelandet. Nun wartet die junge Schweizerin mit ihrer Freundin in der Schlange für Umbuchungen. Von dem Pilotenstreik in Deutschland hatte sie schon in ihrem Urlaub gehört: "Mein Vater hat versucht, einen Ersatzflug nach Zürich zu buchen. Ob das geklappt hat, wissen wir aber noch nicht."

Sie findet es einerseits sehr gut, dass sich die Piloten für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen. "Aber wir Passagiere können doch nichts dafür. Und wir haben bezahlt." Sie ist zuversichtlich, dass sie und ihre Freundin im Laufe des Tages noch nach Zürich kommen werden, zur Not mit der Bahn. Eigentlich müssten die beiden heute noch in die Schule. Doch dafür ist es jetzt schon zu spät.

Kleinere Flughäfen profitieren

Kleinere Flughäfen wie der Allgäu-Airport in Memmingen profitierten von dem Streik. "Für uns heißt das, dass eine ganze Reihe von Passagieren für innerdeutsche Flüge umgebucht hat und von Memmingen aus fliegt", sagte Flughafenchef Ralf Schmid. Er spricht von gut 20 Prozent mehr Passagieren nach Hamburg, Berlin-Tegel, Köln und Bremen.

Die Umbucher kommen nach ersten Erkenntnissen vor allem von den Flughäfen München und Stuttgart. Vom Allgäu aus starten keine Lufthansa-Flugzeuge. Die Fluggesellschaften Air Berlin und Ryanair fliegen vom Allgäu-Airport aus mehrere deutsche Städte an.

(apd/csr)
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