Abgas-Skandal Jeder zehnte Job in VW-Verwaltung soll wegfallen

Wolfsburg · Bei den Beschäftigten im VW-Haustarif soll in den Büro-Abteilungen außerhalb der Produktion bis Ende 2017 jede zehnte Stelle wegfallen. Das soll über Fluktuation und Altersteilzeit geregelt werden. Ein Konzernsprecher bestätigte das.

 Der Abgas-Skandal hat Auswirkungen auf die Jobs.

Der Abgas-Skandal hat Auswirkungen auf die Jobs.

Foto: Schnettler

Die finanziellen Folgen der Abgas-Affäre bedrohen bei Volkswagen tausende Stellen in der Verwaltung. Bei den Mitarbeitern im Haustarif soll in den Büro-Abteilungen außerhalb der Produktion nach Informationen aus Konzernkreisen bis Ende 2017 jeder zehnte Job wegfallen. Wegen der laufenden Beschäftigungssicherung müsse allerdings niemand fürchten, arbeitslos zu werden, heißt es aus Konzern-Kreisen.

Der geplante Stellenabbau der Bürokräfte sei über Personalschwankungen, Altersteilzeit oder die Zuweisung neuer Aufgaben für die betroffenen Kollegen möglich. Es dürfte den Angaben aus Unternehmenskreisen zufolge dabei um gut 3000 Stellen gehen.

Ein Konzernsprecher sagte, das bekannte Programm zur Steigerung der Effizienz der Kernmarke VW betreffe alle Bereiche - und damit auch die Personalkosten. Mögliche Wege seien etwa die "Reduktion von Zeitarbeitsverträgen" oder "zurückhaltende Einstellungen und Wiederbesetzung freier Stellen". Es gebe zudem gute Erfahrungen mit Altersteilzeit. Die Aussage des neuen VW-Markenchefs Herbert Diess, dass man "fest zu unserer Stammbelegschaft" stehe, gelte weiterhin.

Das Management hatte im Skandal um manipulierte Abgaswerte von weltweit mehr als 11 Millionen Dieselautos bereits Rückstellungen von 6,7 Milliarden Euro gebildet. Neben den Kosten des Rückrufs der betroffenen Fahrzeuge dürften zahlreiche Prozesse und Strafen teuer für Europas größten Autobauer werden. Zudem will der Vorstand mit einem verschärften Sparkurs gegensteuern, der auch bei Arbeitsplätzen den Rotstift ansetzt. Zwischen dem Betriebsrat und dem Vorstand der VW-Kernmarke gibt es aber große Differenzen über die Umsetzung.

Die Marke VW mit Modellen wie Golf und Passat ist im Vergleich zu Branchenkonkurrenten seit Jahren ertragsschwach. Diess hatte bereits angekündigt, sie etwa mit neuen Baureihengruppen umzustrukturieren.
Außerdem soll die Effizienz in der Produktion erhöht werden. Vor dem Beginn des Genfer Autosalons hatte Diess sich noch zuversichtlich gezeigt, dafür auch die Zustimmung des Betriebsrats zu bekommen: "Ich glaube schon, dass wir da große Einigkeit haben."

Betriebsratschef Bernd Osterloh wirft dem Manager nun ein Handeln nach Gutsherrenart vor. Diese im Ansatz schon bekannte Kritik eskalierte am Dienstag vor gut 20 000 VW-Mitarbeitern während des nicht-öffentlichen Teils der Betriebsversammlung im Wolfsburger Stammwerk. "Machen Sie die 215 000 Beschäftigten der Marke Volkswagen nicht zu Versuchskaninchen für wirtschaftswissenschaftliche Experimente", sagte Osterloh nach Informationen der dpa, der eine Mitschrift vorlag.

Zwar sagte Osterloh bei der Versammlung in Bezug auf ein Gespräch mit Diess: "Wir [Herr Diess und ich] sind uns darüber einig, dass sich die Stammbelegschaft keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen muss."

Das schließt jedoch einen möglichen Abbau durch Nicht-Nachbesetzung von Stellen oder die Verlagerung von Aufgaben nicht aus. Der oberste Mitarbeitervertreter stellte klar: "Wir werden es nicht zulassen, dass blindwütig und planlos Stellen gestrichen werden." Ein Sprecher des Betriebsrats wollte die Rede am Donnerstag nicht kommentieren.

"Wir haben hier in Wolfsburg auch bislang nicht auf dem Baum geschlafen", attackierte Osterloh Diess. Der Kernmarken-Chef war Mitte 2015 - noch vor dem Ausbruch der Diesel-Krise - von BMW zu VW gewechselt. Der damals schon gestartete Sparkurs für die VW-Pkw hat sich mit der Abgas-Affäre noch verschärft.

Osterloh warf Diess auch fehlendes Wissen vor: "Wer seine Botschaften so verteilt, als würden sie wie Weisheiten vom Himmel regnen, der hat noch nicht verstanden, was wir bei Volkswagen brauchen: zum Beispiel Führungskräfte, die tatsächlich Bescheid wissen und im wahrsten Sinne des Wortes im Film sind."

Markige Worte findet Osterloh auf der Bühne von Betriebsversammlungen oft. Teilnehmer sprachen aber von einer neuen Qualität seiner Rede vom Dienstag: Er sei mehr als nur in Rage. Zu Konzernchef Matthias Müller wird ihm dagegen ein gutes Verhältnis nachgesagt.

(haka/dpa)
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