Übernahmegespräche Konkurrenz stürzt sich auf Air Berlin

Düsseldorf/Berlin · Nach dem Insolvenzantrag von Air Berlin hat eine Schlacht um die wirtschaftlich interessanten Unternehmensteile begonnen: Ryanair legt Beschwerde gegen den deutschen Staatskredit ein. Auch Kartellexperten sehen die Übernahme-Pläne der Lufthansa kritisch.

 Air-Berlin-Flugzeug rollt zu einer Startbahn auf dem Flughafen Tegel in Berlin.

Air-Berlin-Flugzeug rollt zu einer Startbahn auf dem Flughafen Tegel in Berlin.

Foto: dpa, pdz kno

Der irische Billigflieger Ryanair will nicht hinnehmen, dass sich die Lufthansa und Easyjet die lukrativen Start- und Landerechte von Air Berlin sichern. Die Gespräche mit beiden Airlines sind offenbar weit fortgeschritten. Ryanair verdächtigt die Bundesregierung, Teil eines Komplotts zu sein, dessen Ziel es sei, Air Berlin der Lufthansa zuzuschanzen. Die Iren legten Beschwerde bei der EU-Kommission gegen den staatlichen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro für Air Berlin ein. Auch Kartellexperten sehen eine Übernahme großer Teile von Air Berlin durch die Lufthansa kritisch.

Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin hatte am Dienstag Insolvenz angemeldet, nachdem sich der Anteilseigner Etihad Ende letzter Woche zurückgezogen hatte. Der Bund sprang daraufhin mit einem Überbrückungskredit ein, der den Flugbetrieb für drei Monate sichern soll. In dieser Zeit soll über die Aufteilung von Air Berlin verhandelt werden. Ryanair wirft Berlin vor, den Einstieg der Iren verhindern zu wollen.

Airline-Chef Michael O'Leary sprach von einem abgekarteten Spiel. Würde sich die Lufthansa Air Berlin einverleiben, könne sie bei innerdeutschen Flügen ihren Marktanteil von 68 auf 95 Prozent steigern. Insgesamt käme sie in Deutschland auf 60 statt 47 Prozent.

Völlig überraschender Rückzug von Etihad

Die Bundesregierung wies diese Kritik zurück:"Die Vorwürfe von Rynair, es handele sich um einen inszenierten Insolvenzantrag, sind abwegig", sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. Der Rückzug Etihads sei völlig überraschend gekommen. Man gehe davon aus, dass der Staatskredit nicht gegen EU-Beihilferecht verstoße. Die EU-Kommission erklärte, sie sei deswegen in "konstruktiven Kontakten" mit der Bundesregierung.

Auch Kanzlerin Angela Merkel verteidigte den Kredit. Zehntausende Reisende im Stich zu lassen, "weil Benzin nicht bezahlt werden kann und die Tickets verfallen, das wäre glaube ich nicht angemessen gewesen", sagte sie auf Youtube. Sie sei zuversichtlich, dass der Bund sein Geld zurückerhält. "Wir können mit großer, großer Wahrscheinlichkeit sagen, dass der Steuerzahler das nicht bezahlen muss."

Bei Wettbewerbsexperten stießen die Übernahmepläne der Lufthansa auf Skepsis. "Air Berlin und Lufthansa sind auf vielen Flugstrecken direkte Konkurrenten", sagte Achim Wambach, Chef der Monopolkommission. "Lufthansa müsste für eine Genehmigung der Fusion mit strengen Bedingungen und Auflagen rechnen", sagte Wambach. Dazu zähle der Verkauf weiter Teile der Landerechte. Auch der Hilfskredit sei "beihilfenrechtlich kritisch", so Wambach. "Eine Übernahme Air Berlins allein durch die Lufthansa wäre in der Tat sehr kritisch für den Wettbewerb, da auf vielen Strecken der Wettbewerb wegbrechen würde", erklärte auch der Düsseldorfer Ökonom Justus Haucap. "Mir wäre eine Übernahme durch Ryanair lieber als durch die Lufthansa."

Um Kartellbedenken auszuräumen, könnten viele "Rennstrecken", auf denen Air Berlin und Eurowings/Lufthansa fast alle Flüge kontrollieren wie etwa zwischen Düsseldorf und Berlin oder München, an den britischen Konkurrenten Easyjet gehen. Die Abgabe von Betriebsteilen an Eurowings könnte zudem für Streit mit den Gewerkschaften sorgen. Lufthansa werde Teile der 8700 Air-Berlin-Mitarbeiter nur zu den schlechteren Tarifbedingungen von Eurowings übernehmen wollen, hieß es von Insidern.

(rky / mar)
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