Angeschlagene Fluggesellschaft Kunden fordern Millionen von Air Berlin

Düsseldorf/Berlin · Wegen rund 3000 Verspätungen und Flugausfällen bei Air Berlin seit Jahresbeginn sei hoher Schadenersatz fällig, sagt das Beratungsportal EUclaim. Air Berlin rät Kunden, sich direkt an das Unternehmen zu wenden. So könnten sie Geld sparen.

Ein Flugzeug der Gesellschaft Air Berlin startet am Flughafen Berlin-Tegel (Archivfoto).

Ein Flugzeug der Gesellschaft Air Berlin startet am Flughafen Berlin-Tegel (Archivfoto).

Foto: dpa, wk vge

Das Beratungsportal Flightright beschreibt die Lage ähnlich: Es seien Millionen Euro an Erstattungsansprüchen zusammengekommen", erklärt der für die Firma arbeitende Anwalt Oscar de Felice. Beim Wettbewerber Fairplane wurden von Januar bis Ende Mai rund 3800 Air-Berlin-Fälle gemeldet, ein Anstieg von 114 Prozent.

Air Berlin erklärt, alle Schadenersatzansprüche von Passagieren würden sowieso laut den geltenden EU-Regeln korrekt bearbeitet. Es sei also nicht nötig, eines der Klageportale einzuschalten, um sein Geld zu erhalten. So würden die Passagiere auch die ganze Entschädigung erhalten, statt wie beispielsweise bei Flightright 25 Prozent des Schadenersatzes abgeben zu müssen.

Weil sich intern 150 Mitarbeiter zu freiwilligen Sonderschichten gemeldet hätten, um die Verspätungskrise zu bewältigen, gebe es genug Personal, um die eingegeben Anfragen zu bearbeiten. Ein Test der Online-Seite von Air Berlin am Dienstag durch unsere Redaktion zeigte: Der Antrag auf Erstattung lässt sich relativ leicht einreichen. Man muss im Prinzip genau die gleichen Daten eintippen (Flugnummer, Adresse), die auch die Portale verlangen.

Dabei bietet Air Berlin alternativ zur gesetzlichen EU-Regelung auch Fluggutscheine mit einem etwas höheren Wert an. "Bei einem Langstreckenflug sind bei entsprechender Verspätung 600 Euro fällig", sagt eine Sprecherin, "alternativ kann auch ein Fluggutschein von 750 Euro genommen werden." Ein solcher Gutschein ist aber nur etwas wert, wenn der gewollte Ersatzflug auch stattfindet — angesichts vieler Stornierungen ist das unsicher.

Derweil hat Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) gesagt, die Lage bei der Fluggesellschaft mache ihr schon große Sorgen. "Die Situation von Air Berlin ist prekär, sonst würde so ein Antrag auf Bürgschaft nicht gestellt", sagte die SPD-Politikerin am Dienstag in Ludwigshafen. Es sei ein großes Problem, wenn ein Unternehmen wie Air Berlin mit seinen 8000 Mitarbeitern in Schieflage gerate.

Ende vergangener Woche hatte der Lufthansa-Rivale nach eigenen Angaben eine Anfrage auf Prüfung eines Bürgschaftsantrags in NRW und Berlin gestellt — der erste Schritt für Unterstützung vom Staat. Zypries sagte nun, das Bundesministerium prüfe den Antrag — was die Bedeutung des Verfahrens unterstreicht.

Zur Höhe einer eventuellen Bürgschaft äußerte sie sich nicht, auch ein Air-Berlin-Sprecher wollte dazu auf Anfrage nichts sagen. Die "Welt" berichtete vorab unter Berufung auf Verhandlungskreise, dass Air Berlin eine Bürgschaft im hohen zwei- bis niedrigen dreistelligen Millionenbereich angefragt habe.

(RP)
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