Nach Pannenserie Air Berlin verklagt Flughafenbetreiber

Berlin · Jetzt scheint dem allzeit kampfbereiten Airline-Chef Hartmut Mehdorn der Kragen geplatzt zu sein. Alle intensiven Gespräche mit den Betreibern des Pannen-Flughafens in Schönefeld seien gescheitert, lässt er mitteilen. Air Berlin habe deshalb entschieden, "unseren Anspruch auf Schadenersatz auf dem Rechtsweg geltend zu machen"

Die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft prescht vor und zieht als erste gegen die Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg vor Gericht. Die gibt der Klage keine Chance. Es geht um Schadenersatz in Millionenhöhe nach der geplatzten Eröffnung des Hauptstadtflughafens.

Die kriselnde Berliner Airline, die gerade erst erneut den Rotstift gezückt hat, könnte das Geld gut gebrauchen. Bekommt sie mit ihrer Feststellungsklage Recht, könnte eine Klage-Welle auf den Flughafen zurollen, die auch den Aufsichtsrat unter Führung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erneut unter Druck setzt.

Doch Air Berlin hat aus Sicht der Flughafengesellschaft gar keinen Anspruch auf Schadenersatz, "da wir mit der Airline vertraglich keinen fixen Eröffnungstermin für den Flughafen Berlin Brandenburg vereinbart hatten". Der Flughafen wisse um die Probleme der Fluggesellschaft, Geld gebe es aber trotzdem nur, "wenn dies rechtlich zwingend geboten ist", erklärt der umstrittene Flughafen-Geschäftsführer Rainer Schwarz.

Die Eröffnung des Hauptstadtflughafens, an dem Air Berlin ein internationales Drehkreuz aufbauen will, wurde inzwischen dreimal um insgesamt zwei Jahre verschoben. Derzeit steht der 27. Oktober 2013.

Air Berlin seien dadurch "erhebliche Schäden" entstanden, erklärte das Unternehmen am Dienstag. Genaue Zahlen gibt es nicht, erst müsse der Winter am völlig überfüllten Interims-Flughafen Tegel abgewartet werden. Doch schon jetzt gehe es um "geschätzte Mehrkosten und sonstige Schäden in zweistelliger Millionenhöhe".

Auch die größte deutsche Airline Lufthansa und die Deutsche Bahn hatten eine Klage erwogen. Noch sei keine Entscheidung gefallen, teilten beide Unternehmen am Dienstag mit. Die Bahn, die eine Strecke zum unterirdischen Bahnhof des Flughafens gebaut hat, veranschlagt bis Ende Oktober Mehrkosten von etwa 34 Millionen Euro. Jeden Monat kämen zwei Millionen Euro hinzu. "Wir wollen nicht auf den Kosten sitzenbleiben", hatte Bahnchef Rüdiger Grube erst vor wenigen Tagen gesagt.

Auch zahlreiche Händler, die am neuen Flughafen ein Geschäft eröffnen wollten, fordern Entschädigung. Juristisch jedoch haben sie wohl erst recht schlechte Karten: Die Betreiber haben Schadenersatz vertraglich ausgeschlossen, wenn die Verzögerung weniger als 18 Monate dauert. Die entsprechenden Verträge wurden vor dem ursprünglich geplanten Eröffnungstermin Juni 2012 geschlossen.

Für Air Berlin aber könnte es um mehr gehen als für andere mögliche Kläger. Die Fluglinie steckt wegen der Folgen der Wirtschaftsflaute, der deutschen Flugsteuer und steigender Kerosinpreise in schweren Turbulenzen. Der Verlust kletterte 2011 auf den Rekordwert von 272 Millionen Euro. Den letzten Nettogewinn gab es 2007. Am neuen Flughafen wollte die Fluggesellschaft richtig durchstarten und erhöhte ihr Angebot um mehr als 230 Flüge pro Woche.

Auch deshalb sind die künftigen juristischen Kontrahenten trotz aller Streitigkeiten vor allem auf einander angewiesen. Rund ein Drittel der Passagiere in der Hauptstadt fliegen schon heute mit Air Berlin und lassen auch an den Flughäfen die Kassen klingeln. Am neuen Hauptstadtflughafen sollten es noch mehr werden.

(dpa)
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