Airline Air Berlin will Tickets teurer verkaufen

Berlin · Am Mittwoch gibt der neue Chef ein desaströses Konzernergebnis bekannt. Ab Herbst setzt die Lufthansa ihn mit neuen Billigflügen zusätzlich unter Druck. Pichler steuert mit Meckerkästen, Streckenstreichungen und mehr Service gegen.

Air Berlin will Tickets teurer verkaufen
Foto: dpa, Soeren Stache

Stefan Pichler (57) ist zwar erst seit einem Monat Chef von Air Berlin. Trotzdem hat der gebürtige Bayer und ehemalige Tauchlehrer schon einen Plan: "2016 schreibt Air Berlin wieder Gewinne", kündigte er jetzt in kleiner Runde vor Journalisten an.

Wenn der passionierte Marathon-Läufer morgen das Geschäftsergebnis für das vergangene Jahr vorstellt, wird von schwarzen Zahlen aber erst mal keine Rede sein. In den vergangenen sechs Jahren machte Air Berlin ohnehin nur ein Mal Gewinn.

Voraussichtlich wird Pichler morgen sogar das schlimmste Jahresergebnis in der Geschichte von Deutschlands zweitgrößter Airline vorstellen: Das böse Gerücht von mehr als 350 Millionen Euro Nettoverlust steht im Raum. Aber danach soll es konsequent bergauf gehen. "Wir haben kein Kostenproblem. Wir haben ein Ertragsproblem", fasst Pichler seine Strategie in zwei Sätzen zusammen.

Auf den ersten Blick klingt das wie eine gute Nachricht für die Mitarbeiter: Nach dem Abbau von etlichen Hundert auf bald nur noch 7400 Jobs scheint der Personalabbau kaum noch fortsetzbar. Aber der erste Blick täuscht. Denn um die Erträge zu steigern, will Pichler - wie schon seine Vorgänger - weitere Strecken auf den Prüfstand stellen. Vor allem die dezentralen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen gelten als Wackelkandidaten.

Unter Druck geraten einige Air-Berlin-Strecken aktuell etwa durch die neue Langstrecken-Billigflugtochter der Lufthansa: Nach Informationen des Fachmagazins "FVW" sollen die beiden ersten Eurowings-Jets von Köln aus ab Herbst nach Dubai, Bangkok, Phuket (Thailand), Varadero (Kuba), Montego Bay (Jamaika) und La Romana (Dominikanische Republik) fliegen. Viele davon fliegt auch Air Berlin an. Die Stunde der Wahrheit sieht Pichler im zweiten und dritten Quartal kommen. Was sich in diesen traditionell starken Monaten nicht rentiert, gerät in Erklärungsnot. Werden Verbindungen in größerem Umfang gestrichen, führt wohl auch an weiterem Personalabbau bei Air Berlin kein Weg vorbei.

Parallel will Pichler die Erträge steigern, indem er das so genannte "Yield-Management" verbessert, also das System, nach dem Tickets in ein und derselben Maschine je nach Buchungszeitpunkt unterschiedlich bepreist werden. Die Auslastung der Maschinen liege bei 83 Prozent. Das sei ein guter Wert. Wenn die Gesellschaft trotzdem kein Geld verdiene, verkaufe sie einfach zu billig, so Pichlers Analyse.

Die Gelduld verloren hat er jetzt schon mit dem Call-Center. "Kundenbeschwerden werden im Schnitt nach sieben Wochen bearbeitet. Das muss besser werden", kündigt er an. Pichler ist es leid, dass Air Berlin von einer zunehmend kritischen Öffentlichkeit und Berichten über mangelnden Service in der Dauer-Defensive steht. Er will die Gesellschaft öffnen, für mehr Transparenz sorgen. "Wir müssen selbst wieder die Themen setzen. Auch, wenn es unangenehme Themen sind."

Deshalb hat der frühere Lufthansa-Manager jetzt auch am Flughafen Düsseldorf, in der Berliner Firmenzentrale, am Flughafen Tegel sowie am Münchner Airport insgesamt rund ein halbes Dutzend knallrote Boxen aufstellen lassen. In ihnen können die Beschäftigten Botschaften an ihren Chef deponieren, auch anonym. "Eine Stewardess, die ihren Job seit 15 Jahren macht, weiß genau, was läuft und was nicht. Wir wären dumm, das nicht zu nutzen", meint Pichler.

Angst vor einem Ausstieg des Air-Berlin-Großaktionärs Etihad, der die deutsche Tochter schon mit etlichen Kapitalspritzen vor dem Aus retten musste, hat Pichler nicht. Hinter der arabischen Fluggesellschaft stünden Scheichs. "Die haben schon zu viel in Air Berlin investiert", meint Pichler, "wenn die jetzt aussteigen, wäre das ein Gesichtsverlust." Gleichwohl weiß Pichler, dass selbst die Geduld am arabischen Golf endlich ist. Was ist, wenn es mit den schwarzen Zahlen 2016 noch nicht klappt? Pichlers Antwort ist knapp: "2017 wäre zu spät."

(RP)
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