Zwei-Klassen-Gesellschaft Amazon bietet einige Produkte nur Prime-Kunden an

München · Es ist eine Form von Zwei-Klassen-Handel: Beim Online-Händler Amazon gibt es einige Produkte nur für Kunden, die für den Abo-Dienst Prime bezahlen. Die Diskriminierung hat System – sie soll Gewohnheiten verändern.

Was künftig im Paket ist, hängt auch davon ab, ob Amazon-Kunden Prime-Mitglied sind oder nicht.

Was künftig im Paket ist, hängt auch davon ab, ob Amazon-Kunden Prime-Mitglied sind oder nicht.

Foto: dpa, hka axs fpt gfh

Es ist eine Form von Zwei-Klassen-Handel: Beim Online-Händler Amazon gibt es einige Produkte nur für Kunden, die für den Abo-Dienst Prime bezahlen. Die Diskriminierung hat System — sie soll Gewohnheiten verändern.

Die Kompaktkamera Panasonic Lumix DMC-TZ61EG-S ist ein Super-Schnäppchen. "Sie sparen 146,01 Euro (34 Prozent)" heißt es dazu auf der Seite des Online-Händlers Amazon. Allein: Kaufen kann sie nicht jeder. Amazon verkauft das Produkt exklusiv an Kunden seines kostenpflichtigen Dienstes Prime. Alle anderen Kunden haben Pech gehabt.

Es ist, als würde man in ein Kaufhaus gehen, in dem es mehrere Etagen mit Artikeln für alle gibt — und einen elitären Club im obersten Stockwerk, wo die besonderen Kunden einkaufen dürfen. Unvorstellbar im stationären Handel, doch online scheinbar kein Problem. Kunden zweiter Klasse, darauf legt man bei Amazon Wert, sind das aber nicht: "Amazon möchte allen Kunden das bestmögliche Einkaufserlebnis mit attraktiven Preisen auf die größte Artikelauswahl bieten."

Trotzdem bietet Amazon seit Februar Prime-Kunden exklusive Produkte an. Wie viele es genau sind, will das Unternehmen nicht sagen: "Die Anzahl der Produkte varriiert stetig."

Warum das Unternehmen so vorgeht, ist natürlich klar: Immer mehr Kunden sollen sich für den kostenpflichtigen Dienst Prime entscheiden. Schritt für Schritt wertet Amazon diesen daher immer weiter auf. Für 49 Euro im Jahr bekommen Kunden bei vielen Artikeln den Premiumversand angeboten, können über das Videoportal Filme und Serien streamen oder über den Kindle eBooks kostenlos leihen. Als das Unternehmen zuletzt die tagesaktuelle Lieferung für ausgewählte Produkte einführte, galt diese als kostenloses Zusatzangebot natürlich auch wieder für Prime-Mitglieder.

Konkurrenten will das Unternehmen so Stück für Stück ausschalten. Wozu noch ein Netflix-Abo, wenn es die Filme bei Amazon als Prime-Kunde umsonst gibt? Wozu bei Spotify anmelden, wenn Prime-Kunden auch bei Amazon Zugriff auf zahlreiche Songs haben?

Längst arbeitet das Unternehmen angeblich auch an eigenen Packstationen, zu denen Kunden ihre Bestellungen liefern können, und einem eigenen Zustelldienst — was wiederum Logistikunternehmen wie DHL unter Druck setzt, immerhin ist der Online-Händler der wichtigste Kunde.

Das Vorgehen hat bei Amazon Tradition. Indem das Unternehmen Bestellvorgänge vereinfachte und den Service immer weiter ausbaute, hat Amazon erst den Buchhandel umgekrempelt — und dann die gesamte Branche. "Als wir gestartet sind, hat keiner auf den nächsten Laden gewartet. Also ging es darum, wie wir Menschen einen Mehrwert bieten, den bis dato noch keiner angeboten hat, der sie dazu bewegt, dass sie aus einer tief verankerten Gewohnheit ausbrechen", hatte Deutschland-Chef Ralf Kleber unlängst im Interview gesagt.

Genauso ist es bei Prime. Niemand braucht den Dienst unbedingt. Also muss Amazon dafür sorgen, dass der Wunsch danach bei den Kunden stärker wird — zum Beispiel dadurch, dass man sie bei dem Händler, der alles für den Kunden tut, schlechter behandelt als andere.

(frin )
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