Strafe auf sieben Milliarden Euro gedrückt Deutsche Bank erkauft sich mit Hypotheken-Einigung Zeit

München · Der Stoßseufzer aus der Deutschen Bank nach der Einigung mit den US-Justizbehörden im Hypothekenstreit war nicht zu überhören: "Wir wollten es einfach hinter uns bringen." Den größten Brocken auf dem Weg in die Zukunft der Bank hat Vorstandschef John Cryan rechtzeitig vor Weihnachten aus dem Weg geräumt.

 Vorstandschef John Cryan: Dicksten Brocken rechtzeitig vor Weihnachten aus dem Weg geräumt.

Vorstandschef John Cryan: Dicksten Brocken rechtzeitig vor Weihnachten aus dem Weg geräumt.

Foto: dpa

Die drei Milliarden Euro, die die größte deutsche Bank nun in die US-Staatskasse zahlen muss, bringen sie nicht um. Um 0,3 Prozentpunkte wird die Kapitaldecke dadurch schrumpfen, 11,3 Prozent dürften damit zum Jahresende noch zu Buche stehen, wie ein Investor vorrechnet.

"Das heißt auch, dass die Bank nicht unmittelbar eine Kapitalerhöhung benötigt", stellt Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment fest. Das sorgte am Freitag auch am Aktienmarkt für Erleichterung. Damit sei "endlich das größte Damoklesschwert über der Deutschen Bank entschärft, auch wenn weitere Restrukturierungsbaustellen bleiben", schrieb Analyst Ingo Frommen von der LBBW.

Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. "11,3 Prozent sind keine gute Kapitalausstattung", stellt der Großanleger fest, der nicht genannt werden will. Zumal die Altlasten am US-Hypothekenmarkt nicht die einzige Hürde sind, die Cryan abräumen muss: Da sind die Geldwäsche-Vorwürfe in Russland und andere, kleinere Fälle, die insgesamt eine weitere Milliarde Euro kosten könnten.

Und "Basel IV", die Verschärfung der Eigenkapitalvorschriften, wartet noch auf seine Vollendung. Setzen sich die Europäer im Januar nicht durch, würde der Weg zu den 12,5 Prozent hartem Kernkapital (CET I), die die Deutsche Bank mittelfristig anpeilt, noch länger.

"Aber nur für die Bereinigung von Rechtsstreitigkeiten geben Anleger kein Geld", stellt der Investor fest. Daher müsse Cryan nun zügig eine Strategie vorlegen, die den Anlegern Vertrauen in das Geldhaus gibt: mit weniger Investmentbanking, etwa in den USA, mit einer Zukunft für die Postbank im Konzern, nachdem sie sich nicht verkaufen lässt.

"John Cryan hat eine hohe Reputation am Kapitalmarkt und sollte den Mut haben, die Strategie nun anzupassen", sagte Speich dem "Handelsblatt". Im Februar, wenn die Deutsche Bank für 2016 voraussichtlich erneut über einen Verlust berichten muss, könnte es so weit sein, spätestens aber im April, hoffen Branchenexperten.

NordLB-Analyst Michael Seufert rät der Bank, auf einen höheren Aktienkurs zu warten, um möglichst wenig neue Papiere ausgeben zu müssen und die Aktionäre nicht zu stark zu verwässern. Da sie jetzt nicht dringend Geld brauche, könne sie beim Timing flexibler sein.

Wie sich die 3,9 Milliarden Euro auswirken, die die Deutsche Bank nach dem Vergleich in den nächsten fünf Jahren geschädigten Immobilienkäufern und anderen Kunden in den USA zugute kommen lassen soll, ist unsicher. "Die strategischen Handlungsoptionen der Deutschen Bank in den USA werden klar eingeschränkt, da die Profitabilität des US-Geschäfts auf lange Jahre hinaus geschwächt wird", unkt Union-Fondsmanager Speich.

"Die Folgen für die Bilanz werden am Ende weit geringer sein", glaubt ein anderer Investor. Denn ähnliche Auflagen hatte das US-Justizministerium in solchen Fällen auch amerikanischen Banken gemacht. Bei denen schlugen sich die Vergünstigungen - die noch dazu steuerlich absetzbar sind - bisher zu weniger als einem Fünftel in der Bilanz nieder.

Wichtiger für die Bank ist, dass die US-Behörden - zumindest offiziell - keine weiteren Auflagen für deren Geschäft in den USA gemacht haben, wie zuletzt befürchtet wurde. Wenn Cryan dort trotzdem einen Teilrückzug antritt, kann er das immerhin aus freien Stücken machen.

(REU)
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