Investition in die Zukunft Dirk Ströer kauft deutsches WhatsApp

Köln · Der Medienunternehmer Dirk Ströer investiert 50 Millionen Euro in die spannende Internetfirma Hoccer. Sie macht das Versenden von Kurznachrichten ohne Abhören möglich.

Smartphone oder Tablet: Diese Apps sollten Sie besitzen
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Foto: ap

Eines der größten Geschäfte der deutschen Internetszene ist nun endgültig vereinbart worden: Medienunternehmer Dirk Ströer investiert 50 Millionen Euro in die App-Schmiede Hoccer mit Büros in Berlin und Köln, die insbesondere WhatsApp, dem Marktführer für Kurznachrichten, Konkurrenz machen will.

"Der Bedarf für sichere Kommunikation im Internet wächst stark, darum erwarte ich weiter hohes Wachstum von Hoccer", sagt Firmen-Gründer und Chef Jérôme Glozbach de Cabarrus (39). Dirk Ströer (44) sieht als neuer Mehrheitseigentümer (51 Prozent) ebenfalls große Chancen: "Die Nachfrage nach sicheren Messenger-Apps wird in Zukunft exponentiell steigen."

Der auf Internetthemen spezialisierte Wirtschaftsprofessor Klemens Sibicki sieht die Bewertung von 100 Millionen Euro für die nur 15 Mitarbeiter zählende Hoccer GmbH nicht als überzogen an: "Im Internet zählen vorrangig gute Ideen und exzellente Technik. Hoccer liefert eine spannende Alternative zu WhatsApp und anderen Diensten mit einer guten Verschlüsselung und der Möglichkeit einer anonymen Nutzung, ohne dass automatisch auf Dateien und Adresslisten zugegriffen wird wie bei anderen Diensten."

Das neue Bündnis zeigt, wie Kapital aus alten Industrien beim Aufbau von Internet-Firmen hilft - so gilt die Familie von Ex-Thyssen-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme als Mitfinanzier von Hoccer. Dirk Ströer ist mit seinem Hauptunternehmen Ströer Media AG einer der größten Werbeunternehmer Europas. Er hält 30 Prozent des mit 600 Millionen Euro bewerteten Konzerns. Ströer wird einen Teil der 50 Millionen Euro bei Hoccer in bar zahlen, um die Entwicklung der Technik voranzutreiben.

Der andere Teil des Geldes fließt in eine Werbekampagne an die Ströer Media AG, mit der Hoccer über Plakate oder Großleinwände als Alternative zu WhatsApp bekannt gemacht werden soll. Ähnlich hat Stroer schon Weg.de (Reisen) oder Neu.de (Partnervermittlung) nach vorn verholfen. "Im Internet muss man Tempo machen, um Wettbewerber abzudrängen", sagt Sibicki. "Dafür hat Ströer ein gutes Gefühl."

Dass das Geschäft mit Kurznachrichten (Messaging) viel Geld bewegen kann, ist klar. So zahlte Facebook jüngst zwölf Milliarden Euro für den weltweit führenden Messenger-Dienst WhatsApp mit 500 Millionen Kunden. Vergangene Woche sammelte die US-Whatsapp-Alternative Tango 200 Millionen Euro ein. Auch Chinas Internetgigant Alibaba mischt mit. Gegenüber diesen Anbietern und der Schweizer Threema will Hoccer sich mit überlegener Sicherheitstechnik abgrenzen.

Mit der ersten App "Hoccer Classic" können Nutzer Daten gut geschützt von einem Smartphone auf das andere übermitteln, moderne Funktechnik macht es möglich. Bei der Messenger-App "Hoccer XO" sprechen die Nutzer zuerst per SMS, Mail oder persönlich andere Nutzer für die gegenseitige Kommunikation an. Die ausgetauschten Informationen werden dann beim Versand verschlüsselt. Die in Deutschland stehenden Rechner von Hoccer wissen nicht, welche Personen miteinander kommunizieren. Erst recht ist unbekannt, welche Infos dabei ausgetauscht werden. WhatsApp kopiert dagegen vom Nutzer jeweils das komplette Smartphone-Adressbuch auf einen Rechner in die USA, um den Informationsaustausch zu ermöglichen – Datenschutz ist hier ein Fremdwort. 2,5 Millionen Mal wurde eine der beiden Apps von Hoccer bereits heruntergeladen.

Wachstum soll nun vorrangig das Messaging bringen. Gleichzeitig will man Unternehmen als zahlende Kunden gewinnen: Über Hoccer könnten sie tausende Mitarbeiter abhörsicher zu einem kleinen Nachrichtennetz zusammenschalten. Kein Wunder, dass Hoccer nach weiteren Partnern Ausschau hält: Das könnte die Telekom sein, die ja ebenfalls auf Datensicherheit setzt.

(kow)
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