Rückzahlungen im Promillebereich Arcandors Gläubiger schauen ins Leere

Essen (RP). 19 Milliarden Euro an Forderungen gibt es gegen den Arcandor-Konzern. Davon sehen die Gläubiger kaum etwas wieder. Das Unternehmen wird abgewickelt. Am Dienstag treffen sich die Karstadt-Gläubiger.

Arcandor-Insolvenz: Die wichtigsten Fragen
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Foto: AP

Ein solcher Insolvenz-Marathon ist eine Rarität in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Die Grugahalle in Essen ist an drei aufeinanderfolgenden Tagen Schauplatz von Gläubigerversammlungen ­— gestern der Handels- und Tourististikkonzern Arcandor, heute dessen Warenhaus-Tochter Karstadt, schließlich morgen der Versandhändler Quelle. Insgesamt wollen 50.000 Beteiligte Geld von den drei Unternehmen, ihre Forderungen summieren sich auf mehr als 19 Milliarden Euro.

Ein gigantisches Verfahren. Doch die Gläubiger von Arcandor, deren Forderungen allein mehr als 15 Milliarden Euro ausmachen, werden davon so gut wie nichts mehr wiedersehen. Arcandor hat gerade mal 25 Millionen Euro in der Kasse, das Gesamtvermögen ist nicht viel höher. Was an die Gläubiger zurückfließt, liegt im Promillebereich.

Arcandor ist ein Milliardengrab. Zitat aus dem Bericht des Insolvenzverwalters: "Die Quote der Schuldnerin wird aufgrund der geringen Vermögenswerte im unteren Promille-Bereich liegen.” Die Crux bei Arcandor: Das Vertragswerk zwischen Mutter und Töchtern macht es den Gläubigern möglich, viele Forderungen gleichzeitig gegen mehrere Gesellschaften geltend zu machen. Und so wird Arcandor beispielsweise für milliardenschwere Steuerschulden der Töchter in Haftung genommen.

Hoffnung gibt es allein für Karstadt, und darum wird das heutige Gläubigertreffen auch der spannendste Teil der denkwürdigen Versammlungs-Trilogie werden. Allein gegen den Warenhaus-Betreiber sind 40.000 Forderungen angemeldet worden, und deren Inhaber dürfen angesichts von schwarzen Zahlen, die das Unternehmen zuletzt schrieb, hoffen. Knapp 700 Gläubiger haben sich für heute angemeldet. Aber auch sie werden das vergleichsweise riesige Areal der Grugahalle nicht füllen. Gestern verloren sich gerade mal fünf Dutzend Anspruchsteller in der Essener Halle, die zwischen 7000 und 8000 Menschen fasst.

Ein fast schon bizarres Ende für die Konzernmutter Arcandor. Aber dieses Ende ist die logische Konsequenz eines Niedergangs, den fünf Vorstandschefs binnen zehn Jahren (da ist der Arcandor-Vorläufer KarstadtQuelle mitgezählt) nicht aufzuhalten vermochten. Ob Walter Deuss, Wolfgang Urban, Christoph Achenbach oder Thomas Middelhoff ­ sie alle ergingen sich in erfolglosen Strategien, kauften und verkauften und türmten Schuldenberge auf, die zum Schluss nicht mehr zu kaschieren waren. Als im März Karl Gerhard Eick, bis dato Finanzchef der Deutschen Telekom, bei Arcandor anheuerte, war der Untergang schon programmiert.

Insofern spart Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg nicht mit Kritik am früheren Management, als er den Arcandor-Gläubigern den Stand der Dinge verkündet. Zu denen gehören auch die Mitarbeiter, die jetzt schon dreimal für einen Sanierungsbeitrag zur Kasse gebeten wurden: 760 Millionen Euro waren es 2004, noch einmal 115 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Weitere 150 Millionen Euro sollen die Karstadt-Beschäftigten beisteuern, um den Warenhaus-Betreiber vor dem Untergang zu retten.

Aber damit das funktioniert, muss ein Investor her. Und wenn die große Tarifkommission der Gewerkschaft Verdi zugestimmt hat, müssen Details noch ausverhandelt werden. Es gibt Zuversicht, aber noch ist Karstadt nicht gerettet. Für Arcandor gibt es keinen Investor. Danach ist lange Zeit vergeblich gesucht worden. Die Dachgesellschaft braucht jetzt niemand mehr, weil der Reisekonzern Thomas Cook schon verkauft ist und der Versandhändler Quelle in Deutschland auch keine Überlebenschance hat. Ein bitteres Ende nach ruhmreicher Vergangenheit.

(RP)
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