DIHK beklagt mangelnde Ausbildungsreife Azubis brauchen vermehrt Nachhilfe

Berlin (RPO). Sie haben keine Disziplin, sind nicht belastbar, haben Schwächen in Mathematik und in der deutschen Sprache. Es ist kein gutes Zeugnis, dass die DIHK-Betriebe ihren Azubis ausstellen. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) organisiert daher gut die Hälfte der deutschen Unternehmen Nachhilfe für ihre Lehrlinge.

 Hier arbeiten Tischlerlehrlinge im dritten Ausbildungsjahr.

Hier arbeiten Tischlerlehrlinge im dritten Ausbildungsjahr.

Foto: ddp, ddp

Nach der Umfrage, die am Donnerstag vorgestellt wurde, klagen fast 74 Prozent der Betriebe über eine mangelnde Ausbildungsreife von Bewerbern, also zu wenig Schulwissen und fehlende persönliche Kompetenzen. Im Jahr 2009 konnte jede fünfte Firma nicht alle Ausbildungsplätze vergeben.

Die Hälfte der Unternehmen bemängelt Mathematik-Kenntnisse bei ihren Azubis, 54 Prozent sogar Sprachkompetenzen in Deutsch. Im mündlichen und schriftlichen Ausdruck stehen viele Lehrlinge laut der Umfrage schlecht da. 46 Prozent der Betriebe sagen zudem, die Azubis haben nur eine mangelnde Disziplin, 48 Prozent kritisieren eine geringe Leistungsbereitschaft. Auch die fehlende Belastbarkeit der jungen Menschen wird angemerkt.

50.000 Lehrstellen unbesetzt

Rund 50.000 Ausbildungsplätze blieben 2009 unbesetzt, überwiegend weil geeignete Bewerbungen fehlten, heißt es in der Umfrage unter 15.333 Unternehmen aus Industrie, Versorgungs- und Dienstleistungsbranchen. Fast die Hälfte der Betriebe bemängelte die "soft skills" der Bewerber, also etwa Leistungsbereitschaft.

Nachhilfe im Unternehmen sei inzwischen zum Regelfall geworden. So nutzten rund 30 Prozent der Betriebe die ausbildungsbegleitenden Hilfen der Bundesagentur für Arbeit. Andere gingen mit ehrenamtlichen Paten oder mit Praxistagen schon für Schüler gegen fehlende Reife an.

Eine deutliche Mahnung richtet der DIHK dabei an die Eltern der jugendlichen Bewerber: Wichtigen Kompetenzen würden zwar auch in der Schule geformt, "sie liegen jedoch in erster Linie in der erzieherischen Verantwortung des Elternhauses. Eltern sind also maßgeblich für den Erfolg ihrer Kinder beim Übergang von der Schule in Ausbildung verantwortlich."

Nach der Umfrage des DIHK gaben 2009 über 21 Prozent der Unternehmen Besetzungsschwierigkeiten an. Auch 2008 lag der Anteil bereits so hoch. 2006 lag er erst bei zwölf Prozent. Im vergangenen Jahr gaben in den alten Bundesländer 19 Prozent und in den neuen Ländern 31 Prozent der Betriebe diese Probleme an.

IT-Betriebe mit größten Problemen

Laut DIHK hat dies auch demografische Ursachen: In Westdeutschland seien die Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz von 2005 bis 2009 um 110.000 oder 20 Prozent gesunken, weil sich mehr Jugendliche für das Abitur entschieden hätten.

Nach Branchen betrachtet hatten IT- und Medienbetriebe und das Gastgewerbe die größten Probleme bei der Suche nach Auszubildenden. 71 beziehungsweise 70 Prozent gaben an, sie hätten keine geeigneten Bewerbungen erhalten. Allerdings gaben auch 16 Prozent der befragten Gastbetriebe an, niemand habe sich für eine Lehrstelle gemeldet. Dies ist mit Abstand der höchste Anteil dieser Kategorie. Nur das Baugewerbe kommt mit elf Prozent noch in den zweistelligen Bereich.

Im Durchschnitt gaben 63 Prozent der Betriebe an, sie konnten Ausbildungsplätze mangels geeigneter Bewerber nicht besetzen. Überdurchschnittlich schnitt mit 61 Prozent die Bankenbranche und mit 62 Prozent die Industrie ab.

Die Linksfraktion im Bundestag forderte als Konsequenz auf die fehlende Ausbildungsreife eine Reform des deutschen Schulsystems. Das gegliederte Schulsystem müsse aufgebrochen werden, sagte die Bildungsexpertin Rosemarie Hein. Offensichtlich würden im gegliederten Schulsystem nicht alle Schülerinnen und Schüler entsprechend ihrer individuellen Leistungsfähigkeit gefördert, "sondern es wird aussortiert".

(apd/das)
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