98-Stunden-Streik Bahn-Streik bis Montag vier Uhr

Berlin/Düsseldorf · Die Lokführer kündigen den längsten Streik in der Geschichte der Bahn an. Der Personenverkehr ist ab zwei Uhr am Donnerstag bundesweit lahmgelegt. Die Fernbus-Unternehmen erleben einen Ansturm.

Das ist Claus Weselsky: Lokführer, CDU-Mitglied, Gewerkschafter
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Foto: dpa/Carsten Koall

Die Kunden der Deutschen Bahn müssen sich auf einen viertägigen Streik einstellen. Vom morgigen Donnerstag, zwei Uhr, bis zum Montagmorgen, vier Uhr, will die Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) den Personenverkehr bundesweit lahmlegen. Im Güterverkehr beginnt der Streik bereits heute um 15 Uhr und dauert ebenfalls bis zum frühen Montagmorgen. Mit 98 Stunden im Personenverkehr und 109 Stunden bei Güterzügen stehen damit die längsten Arbeitsniederlegungen in der Geschichte der Bahn bevor.

Vertreter fast aller Parteien, der Wirtschaft und der Fahrgast-Verbände übten massive Kritik an der GDL. Der Streik sei "Gift für den Standort Deutschland", warnte der Wirtschaftsverband DIHK. Die Fernbus-Branche rechnet allerdings mit einem neuen Umsatzrekord in dieser Woche.

Die GDL fordert fünf Prozent höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten. Sie will aber nicht nur für die 20.000 Lokführer, sondern auch für 17.000 Zugbegleiter einen Tarifvertrag mit der Bahn aushandeln. Für die Zugbegleiter beansprucht jedoch auch die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG die Vertretungsmacht. Die Bahn lehnt zwei konkurrierende Tarifverträge ab. Sie hatte der GDL am Wochenende dennoch einen eigenen Vertrag auch für Zugbegleiter vorgelegt, den die GDL aber ablehnte. Dieser Entwurf sei nur ein Schein-Vertrag, erklärte die Gewerkschaft.

Die Bahn hält den Streik für "reine Schikane", wie Personal-Vorstand Ulrich Weber sagte. Die Bahn plant wie bei den vorherigen Streiks einen Ersatzfahrplan. So soll etwa ein Drittel des sonst üblichen Zugverkehrs angeboten werden können. GDL-Chef Claus Weselsky erklärte, man wolle und müsse für alle Mitglieder Tarifverträge aushandeln. "Dieses Grundrecht ist in Gefahr und damit die Funktion von Gewerkschaften an sich."

NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD) attackierte Weselsky. "Die Androhung eines viertägigen Streiks artet in pure Kraftmeierei aus, verspielt alle Sympathien und schreit geradezu nach einer gesetzlichen Regelung maßloser Spartengewerkschaften", sagte er. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will am 3. Dezember im Kabinett einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Tarifeinheit vorlegen, der Konflikte wie den aktuellen zwischen den beiden Bahngewerkschaften befrieden soll.

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Scharfe Kritik an der GDL kam auch aus der sonst gewerkschaftsfreundlichen SPD. "Die GDL hat jedes Maß verloren. Das hat mit Tarifpolitik nichts mehr zu tun", sagte Parteivize Torsten Schäfer-Gümbel. Er forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren. Der Kieler Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) nannte den Streik einen "Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen, die ohne die Bahn nicht zur Arbeit, Schule oder Hochschule kommen".

Außer beim Beamtenbund hat die GDL auch keinen Rückhalt im Gewerkschaftslager. "Die GDL erweckt den Eindruck, als ginge es ihr nicht vorrangig um die Durchsetzung ihrer Tarifforderung, sondern darum, einen Konkurrenzkampf mit der EVG auszufechten", sagte Verdi-Chef Frank Bsirske. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will gemeinsam im Rahmen einer Tarifgemeinschaft zu vernünftigen Lösungen kommen. "Das hat Herr Weselsky leider zu meinem Entsetzen abgelehnt", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann.

(mar)
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