Essen Bei Innogy droht Jobabbau in Holland

Essen · Die Champagnerlaune zum Börsendebüt ist passé. Die RWE-Tochter hat Probleme in Großbritannien und den Niederlanden. Die Renditen im Netz- und Ökostromgeschäft sinken. Nun sollen es etwa schlaue Straßenlaternen richten.

Peter Terium, Chef der RWE-Tochter Innogy, muss Stellenabbau und Kursverlust hinnehmen. (Archivbild)

Peter Terium, Chef der RWE-Tochter Innogy, muss Stellenabbau und Kursverlust hinnehmen. (Archivbild)

Foto: dpa, Roland Weihrauch

Peter Terium mag es gerne groß. "Wir werden die Chance nutzen, Energie neu zu denken", hatte der Innogy-Chef zum Börsenstart der modernen RWE-Tochter im Oktober verkündet. "Energie wird Innogy", hieß es in der dazugehörigen Image-Kampagne. Dass Terium auch plakatieren ließ "Rheinland wird Reinland", um sich von den Braunkohle-Kraftwerken abzugrenzen, fand man im Mutterkonzern wenig gelungen. Zumal die Braunkohle lange die Geldmaschine von RWE war, was Terium als früheren RWE-Chef erfreute hatte.

Bis zu 30 Prozent der Stellen in den Niederlanden betroffen

Innogy ist zwar (nach der Aufspaltung von Eon) weiter der wertvollste deutsche Energiekonzern. Doch die Champagnerlaune des Debüts ist verflogen. Die Aktie notiert bei 34 Euro und damit unter dem Ausgabepreis (36 Euro). Das Auslandsgeschäft macht Ärger. In den Niederlanden sank der Gewinn (Ebitda) in den ersten neun Monaten 2016 um 14 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 167 Millionen Euro. Mittelfristig wolle Innogy dort nun 20 bis 30 Prozent der Stellen abbauen will, erfuhr unsere Redaktion aus Konzernkreisen. Im Vertrieb Niederlande/Belgien gibt es 2840 Mitarbeiter. Damit droht ein Verlust von rund 700 Stellen. Der Abbau soll im laufenden Geschäft erfolgen, so dass man kein spezielles Programm auflegen muss, hieß es weiter.

Die Innogy-Sprecherin wollte die Zahl nicht bestätigen, schloss einen Abbau für die Zukunft aber nicht aus. Sie sagte: "Es gibt derzeit keinerlei Neuigkeiten zur Entwicklung unserer Mitarbeiterzahlen zu berichten. Effizienzsteigerung betreiben wir permanent. Aktuell sehen wir aber keine Notwendigkeit für neue Stellenabbauprogramme. Wir können das aber mit Blick in die Zukunft nicht ausschließen." Momentan suche Innogy aber auch diverse Mitarbeiter am Markt. Für Terium sind die Probleme pikant, hatte er doch 2009 selbst den Kauf des niederländischen Unternehmens Essent für sieben Milliarden mit dem damaligen RWE-Chef Jürgen Großmann eingetütet. Schon damals galt der Kaufpreis als sehr hoch.

2400 Stellen will Innogy in Großbritannien abbauen

In Großbritannien hat Innogy schon länger Probleme. Nach Abrechnungsproblemen waren viele Kunden davongelaufen. Das Betriebsergebnis verschlechterte sich: In den ersten neun Monaten 2016 betrug der Verlust hier 81 Millionen Euro, nach minus 66 Millionen im Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Kunden sank auf knapp fünf Millionen. Innogy hat bereits den Abbau von 2400 Stellen angekündigt, davon die Hälfte eigene Mitarbeiter.

Doch auch andere Baustellen tun sich auf. Das Netzgeschäft ist zwar grundsätzlich attraktiv, weil es eine sichere Rendite liefert. Die Bundesnetzagentur legt fest, was Netzbetreiber für die Durchleitung von Strom und Gas verlangen dürfen. Doch die fetten Jahre sind vorbei. Wegen der Minizinsen wird die Behörde die Renditen senken. Die neue Regulierungsperiode für Gasnetze beginnt 2018, die für Stromnetze 2019. Auch beim Ökostrom wird es härter: Seit Windstrommengen ausgeschrieben werden, ist die Rendite vor allem bei Offshore-Windparks kräftig gefallen.

Innogy verkauft smarte Straßenlaternen

Und bei den Innovationen geht es nur in kleinen Schritten voran. Innogy verkauft etwa Smart Homes, die elektronische Steuerung der Haustechnik. Doch lange verdienten die nicht ihre Entwicklungskosten. Nun sollen es unter anderem Straßenlaternen ("Smart Poles") richten: Innogy will Städten bei der Umrüstung von Laternen auf LED-Technik helfen. Zugleich sollen Laternen als Ladesäulen für E-Autos genutzt werden. Konkurrent EnBW ist hier aber schon vorgeprescht.

Im Konzern gibt es Kritik an der Kluft zwischen Ankündigung und Realität. Daran kann auch das esoterisch angehauchte Programm "New way of working" nichts ändern, das Mitarbeitern seit Langem Team- und Aufbruchgeist vermitteln soll. Mit Blick auf die Image-Kampagne ("Volt wird wow!") ist bei manchen Mitarbeitern wenig freundlich vom Chef "SiSy" die Rede - von "Sinnfreien Synapsen".

Die Sprecherin betont dagegen den Erfolg der Image-Kampagne. "Innogy kommt in seinem Heimatgebiet an Rhein und Ruhr aktuell auf eine gestützte Markenbekanntheit von 73 Prozent." Am Montag stellt Innogy sein erste Bilanz vor.

(anh)
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