Sechs Filialen schließen Bei Karstadt stehen insgesamt 2000 Stellen auf der Kippe

Essen · Der neue Karstadt-Eigner Rene Benko setzt bei dem angeschlagenen Warenhauskonzern den Rotstift an. Der Aufsichtsrat beschloss die ersten Schließungen: vorerst sechs Standorte macht der Essener Konzern im kommenden Jahr dicht.

Bei Karstadt stehen 2000 Stellen auf der Kippe
Foto: dpa, cas hak

Darunter zwei der noch verbliebenen 83 klassischen Warenhäuser und zwei Schnäppchen-Filialen, wie das Unternehmen am späten Donnerstagabend mitteilte. Auch vom neuen modernen K-Town-Konzept, mit dem der Kaufhof-Konkurrent in bislang zwei Filialen vor allem junges Publikum ansprechen wollte, verabschiedet sich der Konzern wieder.

 Rene Benko will Karstadt wieder profitabel machen.

Rene Benko will Karstadt wieder profitabel machen.

Foto: dpa, hef pt cdt

Arbeitnehmervertretern zufolge drohen zudem weitere Schließungen, da insgesamt rund 2000 Stellen auf der Kippe stünden. Wo genau diese wegfallen sollten, sei noch offen. Die operative Verantwortung lastet nun auf Stephan Fanderl, der seit Oktober dem Kontrollgremium vorsaß, und der nun auf dem heißen Chefstuhl in der Essener Zentrale Platz nimmt. Der 51-Jährige genießt das Vertrauen des österreichischen Immobilien-Investors Benko, der Karstadt Mitte August übernahm. Zudem bringt der ehemalige Rewe-Vorstand Erfahrung im Einzelhandel mit.

Im Karstadt-Aufsichtsrat wird ihm große Branchenkompetenz bescheinigt. Doch Fanderl steht vor keiner leichten Aufgabe. Seit Jahren schreibt Karstadt Verluste. Versuche einer Neuausrichtung brachten bislang keine Trendwende. "Die Sanierung wird uns viel abverlangen. Ohne zum Teil sehr schmerzliche Entscheidungen, wie auch Filialschließungen wird es nicht gehen, um das Überleben des Gesamtunternehmens zu sichern", erklärte der neue Karstadt-Chef. "Alle Anstrengungen müssen parallel darauf ausgerichtet bleiben, operativ besser zu werden und die Filialrentabilität zu verbessern."

Hinter 20 Filialen stehen Fragezeichen

Auch neue Formate sollen ab kommenden Frühjahr und Sommer wieder mehr Kunden in die Warenhäuser locken. Fanderl hat bereits Einschnitte angekündigt, um den Konzern in ruhigeres Fahrwasser zu lenken. Er setzte hinter die Überlebensfähigkeit von mehr als 20 Filialen ein großes Fragezeichen. Das Management erklärte auf der vorangegangenen Aufsichtsratsitzung die bisherige Strategie für gescheitert. Standorte, die rote Zahlen schreiben, sind benannt. Zudem brachte das Management einen Personalabbau in Höhe von 20 Prozent ins Spiel. Damit wären umgelegt auf die rund 17.000 Mitarbeiter mindestens 3400 Stellen bedroht, konkrete Zahlen wurden aber bislang nicht genannt.

In Tarifverhandlungen drang das Management zudem auf weitere Einschnitte, Urlaubs- und Weihnachtsgeld stehen auf der Streichliste. Arbeitnehmervertreter kritisieren die geplanten Einschnitte bei den Mitarbeitern scharf und forderten von Benko wiederholt ein Zukunftskonzept. Der Wegfall von 2000 Stellen und Beschlüsse zur Schließung von sechs Filialen bedeuteten einen "dunklen Tag für die Beschäftigten", sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt. Die Arbeitnehmervertreter wollten nun versuchen, in Verhandlungen mit dem Management die Zahl der bedrohten Stellen zu verringern. Patzelt zufolge sind in den sechs Standorten, die geschlossen werden sollen, rund 200 bis 240 Mitarbeiter beschäftigt. Es sei offen, wo genau die 2000 Stellen abgebaut werden sollten.

Ein Karstadt-Sprecher wollte die Zahlen nicht kommentieren. Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger kritisierte, dem Management gehe es nur um Kostensenkungen. In Zukunft drohten zudem weitere Schließungen von Warenhäusern. Benko hat bislang kein eigenes Konzept für die Zukunft der Warenhauskette vorgelegt. Kennern zufolge müssten viele Hunderte Millionen Euro investiert werden, um Karstadt ein frisches, zukunftsfähiges Konzept zu geben. Sie bezweifeln jedoch, dass Benko das kann und will und vermuten eher, dass der Österreicher vor allem seine bisherigen Investments retten will . Seiner Immobilienfirma Signa Holding gehörten bereits die Karstadt-Sporthäuser, das Berliner KaDeWe, das Hamburger Alsterhaus, das Münchener Oberpollinger sowie zahlreiche Karstadt-Immobilien. Einem Insider zufolge würden sich die Kosten für eine Rückkehr in die Gewinnzone auf 209 Millionen Euro belaufen, eine nachhaltige Sanierung würde 263 Millionen Euro kosten.

(REU)
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