Energiekonzern streicht Dividende Finanzaufsicht ermittelt wegen RWE-Aktien

Essen · RWE schreibt Milliarden auf seine Kraftwerke ab. Stammaktionären wird die Dividende gestrichen. Die Gewerkschaften fürchten neuen Stellenabbau. Und nun wird wegen des Verdachts auf Insiderhandel ermittelt. Die Brandherde im Überblick.

 RWE-Chef Peter Terium.

RWE-Chef Peter Terium.

Foto: dpa, ve sab lof

Vor wenigen Tagen noch war RWE-Chef Peter Terium durch das Silicon Valley getingelt, um Apps zum Abschalten von Bügeleisen auf den Weg zu bringen. Nun muss der Niederländer sich den harten Realitäten in Europa stellen: Der angeschlagene Energiekonzern schreibt wegen der Talfahrt der Strompreise 2,1 Milliarden Euro auf deutsche und britische Kraftwerke ab. Vor allem die Braunkohle-Kraftwerke im rheinischen Revier sind unter Druck. Der Großhandelspreis für Strom ist mittlerweile unter 20 Euro je Megawattstunde (nach einst 60 Euro) gefallen, die Kosten der Tagebaue aber bleiben. In Großbritannien hat RWE zudem seit Langem Ärger, auch wegen hausgemachter Abrechnungsprobleme. In der Folge schreibt RWE nun für das Jahr 2015 Verluste in Höhe von 200 Millionen Euro. Das hat weitreichende Folgen.

Aktionäre Für 2015 will der Konzern die Dividende für Besitzer von Stammaktien streichen. Zu ihnen zählen auch die Kommunen, die 25 Prozent an RWE halten. Damit findet eine Talfahrt bei der Dividende ihren Tiefpunkt (Grafik). Die Besitzer von Vorzugsaktien bekommen 13 Cent je Aktie. Dazu zählen unter anderem Mitarbeiteraktien. Da die Besitzer kein Stimmrecht haben, sollen sie wenigstens bei der Dividende etwas besser gestellt werden. Für die Kommunen sei der Vorgang ein Albtraum, so Essens Kämmerer Lars Martin Klieve. Städten und Gemeinden entgehen fest eingeplante Einnahmen, und sie wurden auch noch überrascht. Der Aufsichtsrat wird erst am 3. März über Bilanz und Dividende beraten.

Finanzaufsicht Womöglich hat der Vorstand den Alleingang bewusst und mit Billigung von Noch-Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider gemacht. Denn beim letzten großen Manöver gab es Ärger. Laut Konzernkreisen könnte ein Aufsichtsrat 2015 sein Wissen über die geplante Aufspaltung genutzt haben, um kurzfristig Aktiengeschäfte zum eigenen Vorteil zu machen. Am 1. Dezember 2015 hatte RWE die Aufspaltung in eine Ökostrom-Gesellschaft (Newco) und eine klassische RWE AG für alle Problemfelder (Kohle und Atomkraftwerke) bekannt gegeben, daraufhin war die Aktie nach oben geschossen. Nun ermittelt die Bundesanstalt für Finanzaufsicht (Bafin): "Ich kann bestätigen, dass wir im Zusammenhang mit der Ad-hoc-Mitteilung vom 1. Dezember 2015 den Handel in Wertpapieren der RWE AG routinemäßig und ergebnisoffen auf Insiderhandel analysieren", sagte eine Bafin-Sprecherin unserer Redaktion. Sie betonte: "Sollten sich im Rahmen dieser Analyse Auffälligkeiten ergeben, eröffnen wir eine förmliche Insideruntersuchung. Bestätigen sich auch dabei die gefundenen Auffälligkeiten, erstatten wir Strafanzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft." Insiderhandel könne mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe geahndet werden.

Mitarbeiter Auch die Arbeitnehmer sind alarmiert. Zwar versicherte RWE gestern: "Die Mitarbeiterzahl wird sich gegenüber 2015 voraussichtlich kaum verändern." Jedoch fürchten die Arbeitnehmervertreter, dass es zu einem erneuten Stellenabbau kommt. RWE kündigte an, das laufende Effizienzprogramm "erheblich" aufzustocken. Vor allem die Kraftwerkssparte Generation muss gegen die immer weiter fallenden Strompreise ansparen. "Hier ist doch kaum noch was zu holen, ohne die Sicherheit zu gefährden", sagte ein Betriebsrat.

Steuerzahler Je schwieriger die Lage beim Essener Energiekonzern wird, desto größer wird auch das Risiko, dass Steuerzahler und Stromkunden ranmüssen. RWE bekommt in den nächsten Jahren fast eine Milliarde Euro an Prämien dafür, dass es Braunkohle-Blöcke aus Klimaschutzgründen in die stille Reserve nimmt. Auch bei der Finanzierung des Atomausstiegs soll es eine Lösung mit Staatshilfe geben.

Mehrdad Mostofizadeh, Fraktionschef der nordrhein-westfälischen Grünen, forderte, dass RWE nun endgültig seine Planungen für das neue Braunkohle-Kraftwerk BoAplus beenden müsse. Da der Ausstieg aus der Braunkohle-Förderung und Verstromung beschlossen sei, sei dies reine Geldverschwendung. Geld, das RWE ohnehin nicht hat.

(RP)
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