Airbus-Mutter EADS schreibt rote Zahlen Chaos-Konzern verliert Jahrhundertprojekt

Amsterdam (RPO). Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern EADS ist 2009 in die roten Zahlen gerutscht. Vor allem die Querelen um den Militärtransporter A400M und das Prestigeprojekt A380 belasten das Airbus-Mutterunternehmen, das immer wieder Spielball politischer Interessen ist. Jetzt ging zudem ein Milliardenauftrag für das neue Tankflugzeug der US-Streitkräfte verloren - der letzte Höhepunkt einer Reihe von Pleiten, Pech und Pannen in den vergangenen Jahren.

Der neue Airbus A400M hebt ab
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Der neue Airbus A400M hebt ab

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EADS kommt nicht aus den meist negativen Schlagzeilen. Der Luft- und Raumfahrtkonzern musste jetzt - innerhalb von 24 Stunden - gleich mit zwei schlechten Nachrichten an die Öffentlichkeit. Am Dienstagmorgen musste das Unternehmen für das abgelaufene Geschäftsjahr rote Zahlen melden und sorgte damit für Enttäuschung an der Börse. "Die Zahlen passen zu den schlechten Nachrichten", sagte ein Händler.

Aufgrund von Rückstellungen für den Militärtransporter A400M sowie den Langstreckenflieger A380 der Tochtergesellschaft Airbus stand für das abgelaufene Geschäftjahr ein Verlust von 763 Millionen Euro zu Buche. Im Vorjahr hatte EADS noch 1,572 Milliarden Euro verdient.

Außerdem ist dem Konzern ein prestigeträchtiges Projekt durch die Lappen gegangen. Zusammen mit dem US-Unternehmen Northrop Grumman hatte EADS für einen Megaauftrag der amerikanischen Regierung geboten. Demnach sollte das Konsortium zunächst 179 Tankflugzeuge für rund 35 Milliarden Dollar (25,7 Milliarden Euro) bauen.

Eigentlich hatten Northrop Grumman und EADS den Auftrag 2008 bereits in der Tasche, doch Erzrivale Boeing ging erfolgreich dagegen vor: Der Rechnungshof des Kongresses erklärte das Vergabeverfahren für fehlerhaft und empfahl dem Pentagon die Neuausschreibung. Bei dieser soll, so die Vorwürfe, Boeing eindeutig bevorzugt werden. Deswegen warf Northrop entnervt das Handtuch und sorgt damit bei EADS für lange Gesichter.

Frustration bei Airbus

"Wir sind natürlich über diese Situation sehr frustriert", sagte Airbus-Chef Tom Enders der "FTD". Der Manager warf Washington nicht nur "Voreingenommenheit", sondern auch unfaire Wettbewerbsbedingungen bei der Neuausschreibung des Auftrags vor. Die jetzige Ausschreibung sei "maßgeschneidert auf den kleineren und weniger leistungsfähigen Flieger der Konkurrenz. Es geht hier nicht mehr um das beste Tankflugzeug und auch nicht um einen fairen Wettbewerb", erklärte Enders.

Der Zuschlag für den Auftrag wäre nicht nur aus finanzieller Sicht für EADS wichtig gewesen. Das Image des Konzerns ist deutlich angeschlagen. Zuletzt sorgten die Querelen um den Militärtransporter A400M für negative Schlagzeilen. Airbus kann den Flieger nicht zum vereinbarten Zeitpunkt liefern und er wird zudem deutlich teurer. Die möglichen Mehrkosten werden auf bis zu 5,2 Milliarden Euro taxiert.

Erst am vergangenen Freitag einigte sich EADS mit den sieben Bestellerländern auf eine Aufteilung der Zusatzkosten. Die Regierungen von Deutschland, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Luxemburg, Spanien und der Türkei übernehmen davon allerdings nur zwei Milliarden Euro, zusätzlich greifen sie EADS mit Exportkrediten in Höhe von 1,5 Milliarden Euro unter die Arme. Im vergangenen Jahr belasteten die Verzögerungen den Konzern bereits mit 1,6 Milliarden Euro.

Probleme bei Großprojekten

Überhaupt scheinen große Militärprojekte bei EADS unter keinem guten Stern zu stehen, was in den USA nicht unbekannt sein dürfte. Nicht nur der A400M macht Probleme. Der neue Bundeswehr-Hubschrauber NH90 der Konzerntochter Eurocopter entspricht nicht den Erwartungen. Am Eurofighter-Konsortium war der Konzern ebenfalls beteiligt. Hier überstiegenden die tatsächlichen Kosten den Voranschlag deutlich.

Bei dem Großraum-Passagierflugzeug A380 scheinen die Probleme inzwischen größtenteils überwunden zu sein. In den letzten beiden Jahren hatte sich der Konzern mit mehrfachen Verschiebungen der A380-Markteinführung kräftig blamiert und in der Branche Vertrauen verspielt. Im vergangenen Jahr belastete das Projekt die Bilanz noch mit 240 Millionen Euro.

Die Aktionärsstruktur und politische Einflussnahmen bei EADS werden immer wieder als Teil der Probleme bei dem Konzern genannt. Der französische Staat ist indirekt und direkt an dem Unternehmen beteiligt. Daimler ist einer der größten Aktionäre, fährt die Beteiligung aber sukzessive zurück. Zudem mischt die spanische Staatsholding SEPI mit.

Deutsche gegen Franzosen

Deutsche und französische Einflüsse konkurrieren um die Oberhand, viele Posten sind nach Proporz verteilt. Der Vorstandsvorsitzende Louis Gallois ist Franzose, bei Airbus sitzt mit Tom Enders ein Deutscher auf dem Chefsessel. Die Hauptsitze sind in Ottobrunn bei München und in Paris, die Produktionsstandorte sind über ganz Europa verteilt - was nicht immer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geschehen ist.

Im laufenden Jahr soll es trotz der Krise in der Luftfahrt wieder aufwärts gehen. Airbus hofft in 2010 auf 250 bis 300 neue Bestellungen. EADS rechnet damit, dass der Konzern wieder Gewinne macht und ein Gesamtergebnis von einer Milliarde Euro vor Steuern erzielt.

(DDP/AP/AFP/ndi)
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