Nach der Präsidentenwahl Deutsche Wirtschaft reagiert verunsichert auf Trumps Wahlsieg

Berlin · Nach dem Wahlsieg von Donald Trump rechnet eine Mehrheit der Wirtschaftsvertreter und Ökonomen in Deutschland mit negativen Folgen für die Weltwirtschaft und damit auch für die hiesige Wirtschaft.

US-Wahl 2016: die Bilder zum Sieg von Donald Trump
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US-Wahl 2016 - so wählte Amerika

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Sollte Trump seine handels- und migrationspolitischen Pläne in die Tat umsetzen, könnte dies das Wachstum in den USA, in der Welt insgesamt und damit auch der exportabhängigen deutschen Wirtschaft dämpfen. Allerdings wird auch erwartet, dass Trump viele seiner Ankündigungen wieder zurücknimmt. "Was Trump vor der Wahl gesagt hat, gilt nicht automatisch nach der Wahl", sagte Außenhandelspräsident Anton Börner. "Trump ist Unternehmer, der weiß ganz genau, dass die Wirtschaft Freiheit braucht, um zu wachsen."

Im Wahlkampf hatte sich Trump vor allem als entschiedener Freihandelsgegner positioniert. Er stellte den nordamerikanischen Handelsvertrag Nafta ebenso in Frage wie das transpazifische Abkommen TTP. Das umstrittene Abkommen TTIP mit der EU lehnt Trump kategorisch ab. Viele halten TTIP damit für endgültig erledigt, einige glauben aber auch noch an einen späteren Neustart der Verhandlungen.

Chinesische Exporteure sollten nach den Plänen Trumps in den USA einen Strafzoll von 45 Prozent bezahlen, mexikanische 35 Prozent, so seine Ankündigung. Vor allem der Handelsgroßmacht China drohte er mit einem Handelskrieg.

Zugleich will Trump elf Millionen illegale Einwanderer abschieben. Sollte dieser fantastische Plan in die Tat umgesetzt werden, würden große Teile der US-Wirtschaft im Westen der Vereinigten Staaten zusammen brechen, weil ohne die Einwanderer die Infrastruktur des Dienstleistungssektors zusammenbräche. Trump will überdies den Spitzensteuersatz der Einkommensteuer von 39,6 auf 33 Prozent senken. Unternehmen sollen statt 35 nur noch 15 Prozent Körperschaftsteuer zahlen. Überdies hat Trump Milliardenausgaben für zusätzliche Infrastrukturinvestitionen angekündigt.

Allein für den Bau der von Trump geplanten Mauer zwischen den USA und Mexiko veranschlagen Experten Kosten von bis zu 20 Milliarden US-Dollar. Wie Trump Steuersenkungen und Mehrausgaben finanzieren will, ließ der republikanische Präsidentschaftsbewerber unbeantwortet — voraussichtlich dürfte er die ohnehin enorme Staatsverschuldung weiter steigern.

Seit 2015 sind die USA das wichtigste Exportziel der deutschen Unternehmen. Waren im Wert von rund 114 Milliarden Euro wurden dorthin verkauft — vor allem Fahrzeuge, Maschinen und chemische Produkte. Das entspricht einem Anteil von etwa zehn Prozent an den gesamten Ausfuhren. Mehr als eine Million Jobs in Deutschland hängen direkt oder indirekt von den Exporten in die USA ab.

Doch auch umgekehrt sind Millionen Arbeitsplätze in den USA von ausländischen Unternehmen abhängig. "Ausländische Unternehmen sichern in den USA Millionen Jobs, die deutschen Firmen allein 800.000 Arbeitsplätze. Die wird Trump nicht gefährden wollen", sagte Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). "Wenn Trump Amerika wieder groß machen will, darf er die Weltwirtschaft nicht gefährden. Nationales Wachstum auf Kosten der anderen geht nicht", hofft Börner. Andere sind da weniger zuversichtlich.

Vor allem in der deutschen Automobilindustrie sorgt man sich um die Zukunft. "Es steht zu befürchten, dass die USA unter ihrem neuen Präsidenten ebenso wie China vor allem auf ihre eigene Wirtschaft schauen — zulasten internationaler Beziehungen und Handelsströme", erklärte Matthias Wissmann, Chef des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie (VDA). Mehr Protektionismus oder zusätzliche Handelsbarrieren würden den Vereinigten Staaten ebenso schaden wie ihren Handelspartnern. Die USA sind der weltweit zweitgrößte Pkw-Markt nach China. Jedes achte Auto, das aus Deutschland exportiert wird, geht in die USA. Damit sind die Vereinigten Staaten — nach Großbritannien — das zweitwichtigste Exportland für die deutschen Automobilhersteller.

Konjunkturforscher sehen in der Verunsicherung über Trumps Wirtschaftspolitik einen Grund, ihre Wachstumsprognosen zu senken. Trumps Wahlsieg sei zusammen mit dem Brexit, der Wachstumsschwäche in Europa und in vielen Schwellenländern "einfach zu viel", sagte Gustav Horn, Chef des gewerkschaftsnahen Forschungsinstituts IMK. Allerdings dürfte die für Ende des Jahres in Aussicht gestellte leichte Zinserhöhung der US-Notenbank Fed wegen der Verunsicherung jetzt erst einmal verschoben werden, erwarten Börsenanalysten.

Auch deshalb fiel der Absturz der Aktienkurse an den Weltbörsen gestern zunächst eher moderat aus. Das sagt allerdings nicht über die Entwicklung in den nächsten Tagen und Wochen aus. "Niemand weiß genau, was ein Präsident Trump bedeutet, Und diese Unsicherheit ist genau das Problem", sagte Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt der Bank Nordea.

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(mar)
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