Nach dem Moratorium Deutschland verdoppelt Stromimport

Hannover (RPO). Seitdem das Atommoratorium in Kraft getreten ist, hat Deutschland doppelt so viel Strom aus Frankreich importiert wie bislang. Zudem sei die Bundesrepublik vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur von Strom geworden, erklärte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag auf der Hannover Messe.

Atomkraftwerke in Deutschland
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Seit dem 17. März importierte Deutschland demnach täglich rund 50 Gigawattstunden mehr als es exportierte. "Die Stromflüsse aus Frankreich und Tschechien haben sich verdoppelt", sagte BDEW-Chefin Hildegard Müller. Frankreich hat europaweit mit Abstand die meisten Atomreaktoren, sie sorgen für mehr als Dreiviertel des Stroms im Nachbarland.

Seit die vom Atommoratorium betroffenen sieben deutschen Kernkraftwerke am 17. März die Produktion einstellten, ging die Stromherstellung in Deutschland laut BDEW um rund 120 Gigawattstunden pro Tag zurück. Dies spiegele sich auch in einem Rückgang des Stromexports in die Niederlande und die Schweiz um etwa die Hälfte wider, wie Müller erklärte. Die beiden Länder sind die Hauptabnehmerländer deutschen Stroms. Zugleich stiegen laut BDEW die Preise an der Strombörse in Leipzig im Schnitt um rund zwölf Prozent.

Die Bundesregierung prüft nach Angaben ihres Sprechers Steffen Seibert derzeit die Auswirkungen des Moratoriums auf den deutschen Strommarkt. Eine Sprecherin des Bundesumweltministeriums erklärte, schon vor dem Moratorium sei Strom aus Frankreich importiert worden. Sie widersprach aber der Darstellung, Deutschland sei insgesamt ein Netto-Stromimporteur geworden: "Wir bleiben Netto-Stromexporteur."

Der RWE-Manager und ehemalige Hamburger Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD) warnte derweil vor einem Blackout in Süddeutschland. Dieser werde derzeit nur durch die erheblichen Stromimporte aus Frankreich und Tschechien verhindert, sagte Vahrenholt der "Welt". Mehr Importe seien jedoch nicht möglich: "Die Leitungen von dort sind bis zum Anschlag ausgelastet", sagte der Chef der RWE-Sparte für Erneuerbare Energien, Innogy. Sofern nicht die Erzeugung und der Transport von Strom aus erneuerbaren Energien schnell ausgebaut würden, sei in Süddeutschland "eine solch extreme Unterversorgung" zu befürchten, "dass zur Vermeidung eines Blackouts Industriebetriebe und vielleicht sogar ganze Städte abgeschaltet werden müssen". Zudem sei mit steigenden Strompreisen zu rechnen.

(AFP/pst)
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