Thomas Middelhoff verurteilt Die Justiz kennt keine Gnade mehr mit Prominenten

Essen · Erst Erst Hoeneß, nun Thomas Middelhoff - die Gefängnisstrafen für Prominente nehmen zu. Und 2015 sitzen renommierte Banker auf der Anklagebank.

Thomas Middelhoff verurteilt: Die Justiz kennt keine Gnade mehr mit Prominenten
Foto: dpa, ve lof

Es ist das zweite Mal in diesem Jahr, dass die Verurteilung eines prominenten Angeklagten in Deutschland ein gewaltiges öffentliches Echo auslöst. Bei Uli Hoeneß, dem früheren Präsidenten des deutschen Fußball-Rekordmeisters Bayern München, war das im März so. Damals hatte sich allerdings schon im Vorfeld ein Urteil angedeutet, das eine Gefängnisstrafe zur Folge haben würde. Schließlich soll Hoeneß Steuern auf Kapital von mehr als 28 Millionen Euro hinterzogen haben.

Im Vergleich dazu sind die 500.000 Euro Schaden, die Thomas Middelhoff den Berechnungen des Gerichts zufolge bei Arcandor angerichtet hat, eine Kleinigkeit. Deshalb ist die Haftstrafe ohne Bewährung eine weitaus größere Überraschung als im Fall Hoeneß.

Aber offensichtlich ist die Haltung der Justiz gegenüber den Prominenten härter geworden - vielleicht auch, seitdem das Landgericht Düsseldorf sich vor Jahren sowohl für den Freispruch der Angeklagten im Mannesmann-Prozess als auch für den des früheren WestLB-Chefs Jürgen Sengera eine Ohrfeige des Bundesgerichtshofs und eine Neuauflage des jeweiligen Verfahrens einfing. Im kommenden Jahr sollen mit Jürgen Fitschen, Josef Ackermann und Rolf Breuer gleich drei frühere Deutsche-Bank-Chefs vor Gericht gestellt werden, weil ihnen ein Richter ihre Aussagen im Kirch-Prozess nicht glauben mag, und der Ex-Hypo-Real-Estate-Chef Georg Funke soll ebenfalls auf der Anklagebank sitzen.

Die Beurteilung der Entscheidung des Landgerichts Essen im Fall Middelhoff fällt selbst unter Fachleuten unterschiedlich aus. Der Strafverteidiger und Mediator Michael Weber-Blank glaubt, dass das Urteil nicht zu hart ausgefallen ist: "Die Zeiten sind vorbei, in denen Manager für Delikte wie diese mit milden Strafen rechnen konnten", sagte er. Die drei Jahre Haft für Middelhoff seien daher nicht außerhalb "jeder denkbaren Straferwartung". Demgegenüber bewertete der Kölner Strafverteidiger Markus Rübenstahl das Urteil als "sehr hart". Es gebe Untreue-Prozesse, in denen die Angeklagten für wesentlich höhere Schadenssummen geringere Strafen bekämen.

Doch im Fall Middelhoff geht es offenbar auch nicht in erster Linie um die Höhe des Schadens, den er verursacht hat. Denn zwei der angeklagten Delikte - ein 90-000-Euro-Flug nach New York und eine Festschrift für den früheren Bertelsmann-Chef Mark Wössner - sind nach Einschätzung der Richter solche von Untreue in einem besonders schweren Fall. Allein schon die Tatsache, dass Middelhoff Arcandor die Festschrift für Wössner bezahlen ließ, führte zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Schon da hatte sich die Frage nach der Bewährung erledigt, aber es folgten noch 26 weitere Fälle, für die Thomas Middelhoff verurteilt wurde. Und oben drauf kam noch die Steuerhinterziehung.

(gw)
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