Ausländerfeindlichkeit in Sachsen Fremdenhass schadet der Wirtschaft

Berlin · Nach den ausländerfeindlichen Attacken in Sachsen befürchtet der Arbeitgeberpräsident einen Imageverlust für den Standort Deutschland im Ausland. In Dresden gehen die Besucherzahlen schon zurück.

 In Bautzen hatte eine Flüchtlingsunterkunft gebrannt - unter dem Jubel von Schaulustigen.

In Bautzen hatte eine Flüchtlingsunterkunft gebrannt - unter dem Jubel von Schaulustigen.

Foto: dpa, fpt cul

Die deutsche Wirtschaft bangt nach den ausländerfeindlichen Protesten und Attacken in Sachsen um das Ansehen des Standorts Deutschland im Ausland. "Der Eindruck, dass bei uns gegen Ausländer demonstriert wird, schadet unserem Land", warnte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer am Dienstag in Berlin. "Es muss selbstverständlich sein, dass Asylsuchende in Deutschland unabhängig von ihrer Bleibeperspektive mit Respekt behandelt werden", betonte Kramer. "Diese widerlichen Anfeindungen gegen Flüchtlinge sind für das deutsche Image im Ausland Gift", bestätigte auch Unionsfraktionsvize Michael Fuchs.

Im sächsischen Clausnitz hatte am vergangenen Donnerstag eine pöbelnde Menge einen ankommenden Bus mit Flüchtlingen blockiert. Es gab ein veröffentlichtes Video, auf dem zu sehen ist, wie ein Bundespolizist nicht etwa gegen die Demonstranten vorgeht, sondern einen jungen Migranten aus dem Bus zerrt. In Bautzen wurde in der Nacht zum Sonntag der Brand einer noch unbewohnten Asylbewerberunterkunft von einer alkoholisierten Menge bejubelt, mehrere junge Männer hinderten die Feuerwehr an den Löscharbeiten. Die Polizei geht von Brandstiftung aus.

"In der ganzen Welt sind jetzt die unschönen Bilder von Clausnitz zu sehen. Wer will noch investieren in ein Land, wo eine solche Feindseligkeit gegenüber Ausländern herrscht und in dem man sich als Fremder nicht sicher sein kann, dass man von der Polizei beschützt wird?", fragte Dieter Janecek, wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen. "Die Botschaft dieser Bilder nach außen ist, dass wir keine weltoffene und tolerante Gesellschaft sind. Das hat ganz klar negative Konsequenzen für unser Image bei Investoren, Fachkräften und Wissenschaftlern im Ausland", findet auch Grünen-Fraktionsvize Kerstin Andreae.

Imageschaden kann zu messbaren Nachteilen führen

Vor allem Sachsen muss den Rückzug ausländischer Investoren und Fachkräfte befürchten. Der Imageschaden könne zu messbaren Nachteilen führen, warnte der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Dresden, Detlef Hamann. Die montäglichen Pegida-Demonstrationen in Dresden oder Übergriffe wie im August 2015 in Heidenau hätten weltweit Aufmerksamkeit erregt. Für sächsische Firmen werde es "immer schwieriger, auf den Märkten ein positives Bild sächsischer Wirtschaftskraft zu präsentieren".

Erstmals seit sechs Jahren verzeichnete die Dresden Marketing GmbH (DMG) bereits einen Rückgang der Besucherzahlen. Die Übernachtungen gingen 2015 um drei Prozent zurück. Die Zahl der Gäste aus dem Inland sank um 5,1 Prozent auf 3,4 Millionen. DMG-Geschäftsführerin Bettina Bunge sprach von einem negativen "Pegida-Effekt".

"Wir haben ein Problem"

In der sächsischen Halbleiterindustrie arbeiten 50.000 Menschen aus aller Welt. Der US-Konzern Infineon und andere unterhalten hier wichtige Werke. "Die Schlagzeilen, die jeden Tag auf uns als Bürger und Unternehmer einprasseln, machen ziemlich klar, dass wir ein Problem haben", sagte Heinz Martin Esser, Präsident des Branchenverbandes Silicon Saxony. Die Hightech-Industrie sei auf Globalität und Weltoffenheit angewiesen.

Sachsens Landesregierung will künftig entschiedener gegen fremdenfeindliche Umtriebe vorgehen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) kündigte am Dienstag an: "Ich werde es nicht zulassen, dass dieser Freistaat Sachsen durch einige wenige Personen, die sich außerhalb unserer Rechtsordnung stellen, in Misskredit gebracht wird." Das Land werde Polizei und Justiz personell aufstocken.

(mar)
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