Leverkusen Ein Krefelder wird Bayer-Chef

Leverkusen · Werner Baumann löst bereits im Maiden Niederländer Marijn Dekkers ab.Er versprach der Belegschaft: Der Kündigungsschutz bis 2020 bleibt.

Leverkusen: Ein Krefelder wird Bayer-Chef
Foto: Bayer AG

Bayer kehrt zu einer alten Tradition zurück: Nachdem 2010 mit Marijn Dekkers erstmals ein konzernfremder Manager Chef des Pharmariesen geworden war, geht der Stab nun wieder an ein Eigengewächs. Werner Baumann, der seit 1988 unter dem Bayer-Kreuz arbeitet, übernimmt zum 1. Mai das Ruder in Leverkusen. Das beschloss einstimmig der Aufsichtsrat.

Baumann ist in vielen Dingen anders als Dekkers: hier der Niederländer mit amerikanischem Pass. Dort der gebürtige Krefelder Baumann, der nach elf Jahren Spanien und USA in seine Geburtsstadt zurückkehrte, wo er noch heute mit Frau und vier Kindern wohnt. Hier der leidenschaftliche Chemiker, dort der nüchterne Zahlen-Mensch - Baumann hat in Aachen und Köln Wirtschaftswissenschaften studiert. Hier das Tilburger Tennis-Ass, das es in jungen Jahren sogar in die höchste deutsche Liga gebracht hatte. Dort der Gelegenheitsspieler auf dem Ascheplatz.

"Die Sprache von Bayer"

Dennoch sehen Kapitalmärkte und Arbeitnehmer, die sich mit den Jahren zu großen Dekkers-Fans entwickelt hatten, in der Personalie ein Zeichen für Kontinuität. Analysten schätzen Baumann als klugen Kopf, der eine deutlich Sprache spricht. Er sei ein "geradliniger Niederrheiner", heißt es im Konzern. Gesamtbetriebsrats-Chef Oliver Zühlke sagt: "Herr Baumann spricht die Sprache von Bayer. Er weiß, was Mitbestimmung ist." Er habe auch zugesagt, die Linie von Dekkers beizubehalten: "Er hat versichert, dass die Beschäftigungssicherungs-Vereinbarung für ihn von hohem Wert ist, nach der Bayer bis 2020 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten wird."

Als Dekkers zum Bedauern des Aufsichtsrates 2014 seinen Rückzug ankündigte, wurde Baumann zum Strategievorstand und damit zum Kronprinzen befördert. Als Meisterprüfung wurde ihm die Abspaltung des Chemiegeschäftes (Covestro) und die Neuaufstellung von Bayer zum Life-Science-Konzern (Pharma und Agrochemie) aufgegeben. Beides glückte. "Herr Baumann hat maßgeblich zur Stärkung und Neuausrichtung von Bayer beigetragen", sagte Aufsichtsratschef Werner Wenning. Bayers Altmeister war schon früh von Baumann angetan, hatte ihn erst zum Finanzchef und nun zum Chef über 100.000 Bayer-Mitarbeiter gemacht.

Kemal Malik fehlten Deutsch-Kenntnisse

Alternative Kandidaten wie der smarte Liam Condon, Chef von Bayer Crop Science, bleiben in der Reserve. Innovations-Vorstand Kemal Malik fehlten am Ende Deutsch-Kenntnisse und breite Erfahrung.

Spannend wird, wie es langfristig an der Aufsichtsrats-Spitze weitergeht. Noch ist Werner Wenning (69) nicht amtsmüde. Doch nach der gesetzlich vorgeschriebenen Abkühlungszeit von zwei Jahren könnte Dekkers (58) ihm nachfolgen. Zwar will der Niederländer mehr Zeit für die Familie haben (die drei Töchter gehen zum Studium in die USA), das wäre aber mit einem Aufsichtsrats-Job vereinbar. Zudem will Dekkers sein Haus in Düsseldorf-Kaiserswerth behalten.

25 Cent höhere Dividende

Schon im April wird er Aufsichtsratschef bei Unilever ("Knorr-Suppen", "Magnum-Eis"), wie der britisch-niederländische Konzern gestern mitteilte. Womöglich auch deshalb hat Dekkers um eine vorzeitige Beendigung seines Vertrages gebeten, ursprünglich hatte er noch bis Jahresende bei Bayer bleiben wollen. Allerdings hat der Covestro-Börsengang zu einem frühen Zeitpunkt geklappt, so dass Dekkers ein gut bestelltes Haus übergibt: Er hat Bayer radikal umgebaut und zum zeitweise wertvollsten deutschen Konzern gemacht. Heute legt er seine letzte Bilanz vor - mit einem neuen Rekordgewinn. Von den Aktionären verabschiedet er sich mit einem erneuten Dividenden-Anstieg: Bayer will für 2015 eine um 25 Cent höhere Dividende von 2,50 Euro je Aktie zahlen.

Die Aufgabe seines Nachfolgers wird es nun sein, die neue Bayer voranzubringen, Covestro ganz abzuspalten und das Pharmageschäft weiter auszubauen. Auch der Aktienkurs, der in den vergangenen Monaten Federn gelassen hat (und von 146 auf 95 Euro gefallen ist), braucht wieder Schwung. Dekkers ist zuversichtlich: Baumann brauche keine Einarbeitungszeit, die Weichen für Erfolg seien gestellt.

(anh)
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